Urteil: Elf Monate Bewährungsstrafe:Lehrer missbraucht Nachbarstochter

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Ein 62-jähriger Lehrer aus Hamburg macht zuerst pornografische Bilder seiner Nachbarstochter, dann fasst er sie an. Nun verurteilte ihn das Hamburger Amtsgericht wegen sexuellen Kindesmissbrauchs.

Der Angeklagte kennt sein Opfer gut. Der Lehrer wohnt Tür an Tür mit der Familie des Mädchens, er hat die Nachbartochter groß werden sehen. So eng ist der Kontakt, dass der Pädagoge der 13-Jährigen zu Weihnachten 2005 den Gutschein für eine Fotosession schenkt. "Am Anfang hat das Fotografieren ja auch noch Spaß gemacht", sagt das Mädchen. Doch dann werden die Posen, die der 62-Jährige fordert, pornografisch - und er fasst den Teenager schließlich an. Zu einer elfmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt das Hamburger Amtsgericht den Lehrer am Mittwoch, wegen sexuellen Kindesmissbrauchs in zwei Fällen.

"Jeder wird dafür bestraft, aber wenn ein Lehrer das macht, ist das besonders schlimm", sagt die Richterin. Ihr Urteil ist aber auch eine Anklage an die Hamburger Schulbehörde: "Dass Sie überhaupt so lange im Schuldienst geblieben sind, ist eigentlich ein Skandal!" Denn der 62-jährige Lehrer für Deutsch, Englisch und Philosophie war seit vielen Jahren für seine Übergriffe auf Mädchen bekannt.

Kein eindeutiges Geständnis

Ob er im Unterricht über Sex sprach, Mädchen an den Po griff oder Gummibärchen zwischen seine Lippen steckte, die seine Schülerinnen "abholen" sollten - immer wieder gab es Beschwerden. Der Pädagoge habe die Anschuldigungen als "pubertäre Fantasien" abgetan, die Behörde habe "manches runtergespielt", sagt der Leiter einer Schule im Hamburger Norden, an welcher der Lehrer bis Anfang 2006 unterrichtete. Die Einhaltung einer Therapieauflage der Schulaufsicht wegen einer pädo-sexuellen Neigung des Pädagogen wurde nicht überprüft.

"Sie haben sehr viel Glück gehabt, dass Sie nicht schon früher angezeigt worden sind", meint die Richterin zum Angeklagten. Ein eindeutiges Geständnis legt der Lehrer nicht ab. Er räumt ein, die 13-jährige Nachbartochter fotografiert zu haben. Das aber ist nicht strafbar. Er habe das Mädchen nur in andere Posen drehen wollen, rechtfertigt der 62-Jährige das Anfassen. Die jetzt 15-Jährige, die nicht an der Schule des Angeklagten lernt, schildert den Tathergang anders - und die Richterin glaubt ihr.

Freund stellt pornografische Bilder ins Netz

Für die Schülerin haben schon die Fotos fatale Folgen. Der Lehrer gibt ihr ein Dutzend Aufnahmen. Naiv schenkt sie ihrem ersten Freund ein paar davon. Als die Liebe nach wenigen Wochen vorbei ist, stellt der Junge die Aufnahmen ins Internet und verteilt sie an der Schule. Ihren Eltern erzählt das Mädchen alles. "Ich hatte nicht nur einmal Selbstmordgedanken", sagt das Mädchen. "Ich werde in der Schule immer noch sehr fertig gemacht."

Der Angeklagte bittet in seinem letzten Wort um ein mildes Urteil, er wolle "das Leben noch genießen" können. Ein Jahr und drei Monate Bewährungsstrafe fordert die Staatsanwältin. Die Richterin folgt schließlich dem Antrag des Verteidigers. Dem Opfer spricht sie 5000 Euro Schmerzensgeld dazu, zudem muss der Lehrer 5000 Euro an einen Hilfsverein für missbrauchte Kinder zahlen und über seine Fortschritte in der Therapie regelmäßig berichten.

Sollte das Urteil rechtskräftig werden, dürfte der 62-Jährige seinen neuen Bürojob in der Schulbehörde behalten. Dass er da bleiben müsse, habe sie sichergestellt, sagt die Richterin: "Da können Sie dann kein Unheil mehr anrichten."

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