Urteil:Der Name zum Samen

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Eine 21-Jährige ist durch eine anonyme Samenspende gezeugt worden. Doch sie möchte den Namen ihres biologischen Vaters wissen. Das Amtsgericht Hannover hat am Montag erneut die Rechte anonym gezeugter Kinder gestärkt.

Eine Reproduktionsklinik darf einer Frau, die wissen möchte, wer ihr Erzeuger ist, den Namen nicht länger verheimlichen. Das hat das Amtsgericht Hannover am Montag entschieden. Die 21-Jährige war als Retortenbaby zur Welt gekommen und hatte die Klinik darauf verklagt, ihr den Namen des Mannes zu nennen, mit dessen Samenspende sie einst gezeugt worden war. Ihre Mutter hatte sich künstlich befruchten lassen, da ihr Ehemann zeugungsunfähig war. Auf Anfrage hatte sich die Klinik zunächst geweigert, den Namen des Samenspenders zu nennen, obwohl die Rechtsprechung in dieser Frage inzwischen eindeutig ist. Bereits 2015 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) geurteilt, dass Kinder ein Recht darauf haben, den Namen ihres biologischen Vaters zu erfahren. In der Praxis verweigern jedoch immer noch viele Kliniken die Auskunft.

Obwohl dieses Urteil zu erwarten war, hatte es die Klinik auf den Prozess ankommen lassen. "Der Samenspender war davon ausgegangen, dass sein Name geheim gehalten wird", begründete der Anwalt der Klinik die Entscheidung. Sollte er nach dem Verlust seiner Anonymität nun Schadensersatzansprüche an die Klinik stellen - zum Beispiel, weil seine biologische Tochter Unterhalts- oder Erbansprüche geltend macht, brauche man Rechtssicherheit. Nach Auskunft des Vereins Spenderkinder ist die Furcht vor Unterhaltsansprüchen allerdings unbegründet. "Keinem uns bekannten Spenderkind geht es um finanzielle Forderungen gegenüber dem Spender", heißt es dort. Im Gegenteil: Zum Schutz der Spender fordere der Verein sogar den Ausschluss von Erbansprüchen und Unterhaltsforderungen des Kindes. Jeder Mensch habe aber ein Recht, seine genetische Herkunft zu erfahren. Dieses Recht werde verletzt, wenn der Betroffene die Identität seines Spenders nicht erfahre.

Dem BGH zufolge können Informationen über den biologischen Vater "für die Entfaltung der Persönlichkeit von elementarer Bedeutung sein". Für den Samenspender müsse die Auskunft zwar zumutbar sein. "Nicht maßgeblich" seien dabei aber "seine wirtschaftlichen Interessen", so der BGH. Im Bundesgesundheitsministerium wird schon seit längerer Zeit an den institutionellen und organisatorischen Voraussetzungen gearbeitet, damit jedes Kind sein Recht auf Kenntnis seiner Herkunft bekommt: Per Gesetz soll ein zentrales Spenderregister eingeführt werden. Wann dies umgesetzt wird, ist noch unklar.

© SZ vom 18.10.2016 / dpa, SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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