Unwetter:Land unter im Hamburger Hafen

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Eine Sturmflut in Norddeutschland setzt Teile der Hansestadt unter Wasser, doch die Pegel steigen nicht so hoch wie befürchtet.

Arne Boecker

Der Hamburger Fischmarkt unter Wasser, abgedeckte Dächer, Schiffe in Seenot: Eine der schwersten Sturmfluten der vergangenen Jahrzehnte hat am Mittwoch in Norddeutschland einigen Schaden angerichtet.

Auf der Ostsee vor Warnemünde kämpft sich eine Fähre aus Trelleborg kommend durch die sturmgepeitschte See. (Foto: Foto: dpa)

Der Sturm hatte sich in der Nacht zum Mittwoch aus dem Tief ,,Britta'' heraus entwickelt und zog dann von Niedersachsen über Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen nach Mecklenburg-Vorpommern. In der Spitze erreichte der Wind eine Geschwindigkeit von mehr als 140 Kilometern pro Stunde.

Sturm mit 140 Stundenkilometern

Das Sturmtief wälzte sich in West-Ost-Richtung durch Deutschlands Norden. Die Polizei des Landkreises Aurich in Ostfriesland meldete für den Mittwochmorgen ein Hochwasser, das drei Meter über Normal lag. ,,Das ist selbst für diese Jahreszeit heftig'', sagte eine Sprecherin.

Sturm und Wasser sorgten dafür, dass Feuerwehr und Polizei allein in diesem Landkreis zu 140 Einsätzen ausrücken mussten. Der Orkan deckte Dächer ab, riss Bäume, Ampeln und Schilder um.

Über die Inseln Borkum und Baltrum jagte er mit 140 Stundenkilometern hinweg, im Osten Norderneys fiel ihm eine komplette Strandsauna zum Opfer.

In Meßmersiel mussten Feuerwehr und Polizei vom Deich weg 13 Rinder vor dem Ertrinken retten. Das Emssperrewerk bei Gandersum wurde schon frühmorgens um 5 Uhr geschlossen, um Sturmschäden zu vermeiden.

Die Hallig ist blank

Auf der zu Nordfriesland zählenden Hallig Hooge hatte man schon am Dienstag absehen können, dass das Wasser sehr hoch steigen würde.

Zwei Anläufe hatte die Nordsee im Oktober gemacht, aber immer schaute oben noch festes Land aus den Fluten. Am Mittwochmorgen war die Hallig dann aber ,,blank''. So nennen Einheimische den Zustand des ,,Land unter'', bei dem nur noch die wenigen Höfe - Warften genannt - aus dem Wasser ragen.

,,Tja, wir können jetzt nur abwarten'', sagte am Mittwochnachmittag Erco Jacobsen, den die SZ telefonisch auf der Hans-Warft erreichte. Zur Notgemeinschaft zählten an diesem Tag auch ein paar Bauarbeiter, die mitsamt ihrer Bagger vom Wasser eingeschlossen waren.

,,Der Bauer hat das Vieh schon am Dienstagabend an die Warften herangeholt'', erzählt Jacobsen. 18 Stück Vieh gibt es auf Hooge. Zunächst deutete nichts darauf hin, dass ,,Britta'' diese Zahl verringert hat.

In Hamburg flutete der Orkan den Fischmarkt und die umliegenden Straßen des Stadtteils St. Pauli. An der Fischauktionshalle stand das Wasser bis zu einem Meter hoch. Die Autobesitzer hatten ihre Wagen rechtzeitig von den tief liegenden Parkplätzen geholt - was nicht bei jeder Überflutung rechtzeitig gelingt.

Seenotrettungskreuzer kentert drei Mal

Der Wasserstand fiel mit 2,58 Metern allerdings nicht so dramatisch aus wie erwartet. Im Hamburger Hafen legte sich das einlaufende 90 Meter lange Containerschiff ,,Wanilogger'' im Wind quer, konnte aber mit Hilfe eines Schleppers wieder gesichert werden, berichtete die Feuerwehr.

Bei orkanartigen Stürmen und Wellenhöhen von mehr als zehn Metern kenterte ein niederländischer Seenotrettungskreuzer auf dem Weg zu einem Einsatz vor der ostfriesischen Insel Borkum.

Wie die vier Besatzungsmitglieder berichteten, sei ihr 19 Meter langes Boot drei Mal durchgekentert und habe sich dann wieder aufgerichtet. Die Männer befanden sich im Innern des Schiffes. Mit eigener Kraft sei die ,,Anna Margaretha'' dann zur Station auf der Insel Schiermonnikoog zurückgelaufen.

Auch in Skandinavien hat ,,Britta'' gewütet. Vor der Küste Norwegens wurde eine Ölbohrinsel, die mit 75 Arbeitern bemannt war, aus der Verankerung gerissen. Die Arbeiter seien jedoch nicht in Gefahr gewesen, hieß es. In Schweden mussten 45.000 Menschen ohne Strom auskommen, über 1000 Bahnfahrer steckten über Nacht in Schneewehen fest.

Eher angenehme Empfindungen rief das Wetter dagegen im Harz hervor. Die Menschen blickten am Mittwochmorgen vielerorts auf eine geschlossene Schneedecke. Ein Sprecher der Braunschweiger Polizei hielt es in diesem Zusammenhang aber für vermessen, von guten Bedingungen für Ski und Rodel zu sprechen. ,,Mehr als drei Zentimeter sind noch nicht zusammengekommen.''

© SZ vom 2.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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