Unwetter in Deutschland:Tief "Felix" löst Chaos aus

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Hagelkörner in Golfballgröße, überschwemmte Straßen, ein entgleister Zug und Startverbot am Flughafen: Schwere Unwetter halten Deutschland in Atem.

Mit teils heftigen Unwettern hat Tief Felix den Frühsommer vorerst aus Deutschland vertrieben. Eine von West nach Ost durchziehende Gewitterfront sorgte am Dienstag in verschiedenen Landesteilen für Schäden.

Konstanz am Bodensee: Ein abgerissenen Ast behindert den Verkehr. (Foto: Foto: dpa)

Am schlimmsten traf es den Landkreis Leer im Nordwesten Niedersachsens. Hier fiel die Schule aus, der Wind warf Bäume gegen Autos, die Bahnstrecke Bremen - Leer wurde gesperrt, und es regnete in Strömen. In einer Stunde wurden in der Nähe von Wilhelmshaven 33 Liter pro Quadratmeter gemessen.

Flughafen lahmgegelegt

Im oberschwäbischen Baienfurt entgleiste ein Interregio-Zug mit rund 200 Fahrgästen, der gegen einen umgestürzten Baum auf den Gleisen geprallt war. Dabei wurde nach Polizeiangaben ein Passagier verletzt. Das Ausmaß der Sachschäden durch das Unwetter war zunächst nicht bekannt.

In München war vorübergehend der Flugverkehr lahmgelegt. Viele Flugzeuge, die in München landen wollten, mussten Warteschleifen drehen. 14 Flüge wurden ganz gestrichen. Nach einer knappen Stunde konnten die Maschinen gegen 19.25 Uhr wieder starten und landen.

Auf überschwemmten Fahrbahnen gerieten Autofahrer ins Rutschen. Auf den Autobahnen A 7, A 8 und A 9 rissen die Sturmböen Lkw-Anhänger um, Äste, Buschwerk und umgestürzte Bäume behinderten den Verkehr. Die Autobahn A 8 musste bei Odelzhausen wegen Überflutung komplett gesperrt werden, es bildeten sich rund 20 Kilometer lange Staus.

Nach Angaben eines Bahnsprechers waren einige Strecken im Allgäu und rund um München durch Bäume blockiert. Blitze beschädigten zudem teilweise Stellwerke und Signale. Die Bahn gehe aber davon aus, dass zum Berufsverkehr am Mittwoch der Verkehr wieder laufen werde. "Wir werden die ganze nach Nacht über arbeiten."

Am Nachmittag hatten die Front den Osten Deutschlands erreicht. Am Flughafen Berlin-Schönefeld blies es mit Windstärke zehn entsprechend rund 90 Stundenkilometern. Ein Gewitter brachte teilweise auch Hagel. Dadurch kam es bei rund sieben Flügen zu Verspätungen, teilte Flughafensprecher Ralf Kunkel mit. Im ebenfalls südöstlich von Berlin gelegenen Königs Wusterhausen musste die Feuerwehr wegen überspülter Straßen und umgestürzter Bäume ausrücken.

Hagel: Zehn Zentimeter hoch

Bereits am Vormittag hatte ein Blitz in Cuxhaven in den Dachstuhl eines Hauses eingeschlagen und ihn in Brand gesetzt. In Emsland verursachte ein Blitzeinschlag einen Kurzschluss in einer Mikrowelle. Von dem Qualm erlitt eine Frau eine leichte Rauchgasvergiftung. In Jever entwurzelte das Unwetter eine 150 Jahre alte Kastanie. Der Baum stürzte auf drei Autos und beschädigte sie schwer. In Kappeln an der Ostsee schlug während eines Gewitters der Blitz in ein Einfamilienhaus ein und entzündete den Dachstuhl.

Auch in Baden-Württemberg gab es heftige Unwetter. In Konstanz sorgte unter anderem Hagel für Chaos, die Körner bedeckten die Straßen mit einer bis zu zehn Zentimetern hohen Schicht. Keller und Tiefgaragen wurden überflutet, Bäume stürzten um. Der Zugverkehr nach Konstanz wurde wegen einer beschädigten Oberleitung eingestellt. Für den Bodensee gaben die Behörden eine Sturmwarnung heraus.

Bei der Polizei in Friedrichshafen gingen innerhalb weniger Minuten mehr als 200 Notrufe ein - unter anderem wegen umgestürzter Bäume, vollgelaufener Keller, in Seenot geratener Bootsbesatzungen sowie losgerissener und treibender Boote. Nach ersten Erkenntnissen wurde jedoch nur eine Person auf einem Segelboot leicht verletzt.

Das Boot war im Sturm vor Meersburg gegen die Ufermauer in Höhe der Therme geprallt und gesunken. Die zwei Personen an Bord wurden gerettet, wie die Polizei mitteilte.

5 Grad an den Alpen

Damit endete die erste frühsommerliche Hitzewelle, die vor allem die Menschen in Süddeutschland stöhnen ließ: Entlang von Rhein, Main, Neckar und Mosel wurden am Montag mit Temperaturen um 33 Grad für Mai rekordverdächtige Temperaturen gemessen, wie der Deutsche Wetterdienst mitteilte. In Müllheim im Breisgau wurde es sogar 34,7 Grad warm, der höchste Mai-Wert seit über 60 Jahren. Auch in Emmendingen, Freiburg, Lahr, Rheinfelden, Karlsruhe und Saarbrücken war es in einem Mai noch nie so heiß. Die Rekord-Maitemperatur von 36,1 Grad aus Jena gemessen im Jahr 1892 wurde aber nicht erreicht. Heiß war es nicht nur im Südwesten, auch in Bayern wurden im Flachland Temperaturen um 30 Grad registriert.

Der Ausblick des Deutschen Wetterdienstes: Am Mittwoch ist mit Temperaturen zwischen 17 und 22 Grad zu rechnen, an der Nordsee nur mit 15 Grad. Im Westen und Nordwesten soll es etwas regnen. In der Nacht zum Donnerstag breitet sich der Regen südostwärts bis etwa zur Mitte aus. Im Süden bleibt es bei teils aufgelockerter Bewölkung meist trocken. Die Temperatur sinkt auf Werte zwischen 12 Grad an der Nordsee und teilweise unter 5 Grad an den Alpen.

© sueddeutsche.de/AP/dpa/AFP/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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