Untersuchungsbericht:Haider raste in den Tod

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Jörg Haider ist mit weit überhöhter Geschwindigkeit in seinem Wagen tödlich verunglückt. Zum Zeitpunkt seines Unfalls soll der österreichische Rechtspopulist mit 142 Kilometern pro Stunde unterwegs gewesen sein. Doppelt so schnell wie erlaubt

Haider sei zum Zeitpunkt des Unfalls 142 km/h gefahren, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Klagenfurt. Das habe die Untersuchung des Sachverständigen ergeben. Haider war auf der Straße am Stadtrand von Klagenfurt damit doppelt so schnell unterwegs gewesen wie erlaubt. Das Tempolimit an dieser Stelle betrug 70 Stundenkilometer, knapp 100 Meter später ist Tempo 50 vorgeschrieben.

Klagenfurt: Kondolenz für Jörg Haider (Foto: Foto: Reuters)

Die technische Untersuchung des Wracks ergab laut einer Meldung der Nachrichtenagentur APA, dass Haiders Dienstwagen - ein drei Monate alter VW Phaeton - völlig in Ordnung war. "Jegliche Spekulationen über andere Ursachen für den Unfall sind damit hinfällig", sagte Kranz.

Der 58-jährige Haider, Landeshauptmann (Ministerpräsident) von Kärnten und Chef des Bündnisses Zukunft Österreich (BZÖ), war am frühen Samstagmorgen nach einem Überholmanöver bei Klagenfurt von der Straße abgekommen. Seine Limousine prallte gegen den Betonpfosten eines Zauns sowie einen Hydranten und überschlug sich dann mehrfach.

Bei Eintreffen einer Notärztin am Unfallort habe noch eine kleine Chance auf ein Überleben Haiders bestanden, sagte der medizinische Direktor des Landeskrankenhauses Klagenfurt, Thomas Koperna. Der Politiker sei auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben. Einem vorläufigen Obduktionsbericht zufolge erlitt der Politiker jedoch mehrere jeweils tödliche Verletzungen.

"Menschliche Tragödie"

Haiders Tod löste in Österreich bei vielen Politikern Bestürzung aus. Bundespräsident Heinz Fischer sprach von einer "menschlichen Tragödie". Vor dem Gebäude der Kärntner Landesregierung legten Anhänger Haiders Blumen nieder.

Haider war eine der umstrittensten Persönlichkeiten der österreichischen Politik. 1999 war seine damalige Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) aus den Parlamentswahlen als zweitstärkste Kraft hervorgegangen und vom Chef der konservativen ÖVP, Wolfgang Schüssel, in eine Regierungskoalition geholt worden. Haider selbst war im Kabinett nicht vertreten, da er wegen seiner zahlreichen umstrittenen Äußerungen zum Nationalsozialismus als untragbar galt. So hatte er Konzentrationslager als "Straflager" bezeichnet und von einer "ordentlichen Beschäftigungspolitik" des "Dritten Reichs" gesprochen.

Der verheiratete Vater von zwei Töchtern hatte sich bis zum Schluss als Europa-Kritiker profiliert. Bei den Parlamentswahlen Ende September erzielte Haiders neue Partei, das nach einem Zerwürfnis mit der FPÖ gegründete Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ), einen Stimmenanteil von elf Prozent.

In der BZÖ löste der Tod des Parteichefs Entsetzen aus. "Für uns ist das wie ein Weltuntergang", sagte Haiders Sprecher Stefan Petzner laut APA. Vorerst übernimmt Haiders Stellvertreter Gerhard Dörfler den Posten als Kärntner Landeschef. Laut APA wollte sich die BZÖ-Spitze am Sonntag zu Beratungen treffen, bei denen es um die Ernennung eines neuen Parteichefs gehen sollte. Auch ein Teil der Kärntner Bevölkerung reagierte mit Bestürzung. Am Sitz der Landesregierung in Klagenfurt legten demnach zahlreiche Menschen Blumen und Briefe nieder.

Bundespräsident Fischer würdigte den Kärntner Landeshauptmann als "Politiker mit großen Begabungen", der mit seinem politischen Wirken Begeisterung, aber auch entschiedene Kritik ausgelöst habe. Der designierte Bundeskanzler, SPÖ-Chef Werner Faymann, nannte Haider einen "Ausnahmepolitiker", der die Politik in Kärnten und darüber hinaus in ganz Österreich über Jahre hinweg geprägt habe.

27-jähriger wird Nachfolger

Der 27-jährige Stefan Petzner soll das politische Erbe Haiders in seiner Partei antreten. Der bisherige Stellvertreter Haiders im Vorsitz der Partei Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) sei am Sonntagnachmittag vom Vorstand zum Parteichef ernannt worden, berichtete die österreichische Nachrichtenagentur APA. Petzner gilt als politischer Ziehsohn Haiders und als enger Vertrauter.

"Es sind große Schuhe, aber ich werde gehen, nicht fallen", sagte Petzner am Sonntag. Sein Ziel sei es, im Sinne Jörg Haiders eine große Koalition in Österreich zu verhindern. Eine Wiedervereinigung mit der rechten FPÖ, von der Haider das BZÖ 2005 abgespalten hatte, sei kein Thema. Das Amt Haiders als Kärntner Landeshauptmann (Ministerpräsident) wird zunächst sein bisheriger Stellvertreter Gerhard Dörfler übernehmen.

© AP/Reuters/AFP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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