Tschechien:Ein Großganove mit besten Verbindungen

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Der mutmaßliche tschechische Mörder und Betrüger Radovan Krejcir wird festgenommen, doch er könnte Helfer in der Justiz haben.

Klaus Brill

Sie nennen ihn jetzt nur noch einen Unternehmer, als Milliardär wird Radovan Krejcir seit Dienstag in den Prager Zeitungen nicht mehr tituliert. Kein Wunder.

Nach seiner spektakulären Festnahme in Südafrika enthüllte der tschechische Geheimdienst, dass es mit dem märchenhaften Reichtum des mutmaßlichen Großganoven wohl nicht mehr weit her sei. Auf den Seychellen, wohin der 37-Jährige geflohen war, war offenbar sein Geld knapp geworden.

Deshalb verließ er jetzt das Land, mit einer Brille und einem Dreitagebart flüchtig getarnt, im Gepäck einen gefälschten Pass. Doch ihn jagten die Geheimdienste von fünf Ländern, und am Samstagabend ging Radovan Krejcir auf dem Flughafen von Johannesburg der Polizei ins Netz. "Er war sehr überrascht", teilte gutgelaunt in Prag der Innenminister Ivan Langer mit.

Für dessen Ermittler ist die Verhaftung ein Triumph, der ihnen dringend benötigte Erleichterung verschafft. Denn Krejcir, der wegen Betrugs in großem Stil sowie wegen Steuerhinterziehung und Mordes an einem Zollbeamten zur Fahndung ausgeschrieben war, hatte die tschechische Polizei und die ganze Nation zum Narren gehalten.

Im Juni 2006 war er bei einer Razzia in seiner Luxusvilla bei Prag den mehr als einem Dutzend Fahndern kaltblütig entwischt, nach eigenen Worten ging er einfach davon. Der Polizeichef und weitere Beamte mussten abdanken. Bald meldete sich Krejcir via Fernsehen, Internet und Presse von den Seychellen, deren Staatsbürger er ist und wo er mit Frau und Kind ein Luxusleben unter Palmen vorgaukelte.

Zudem behauptete er, Polizisten bestochen und hohe Politiker in der Hand zu haben. Ein schnell zusammengeschustertes Buch über den Ganoven wurde in Tschechien auf Anhieb zum Bestseller, doch weitere Enthüllungen blieben aus.

Jedenfalls wurden Krejcirs Kapriolen zum Politikum. Für viele Tschechen war und ist der Fall des Glücksritters, der nach dem Ende des Kommunismus auf seine Weise von den neuen Freiheiten Gebrauch machte, ein schmerzvolles Indiz für manche Entgleisung der kapitalistischen Transformation.

Außer Krejcir geben noch andere schillernde Figuren Anlass zu solchem Frust

Beispielsweise sitzt auf den Bahamas seit zwei Jahren auch der frühere Finanzmagnat Viktor Kozeny in Haft, der in den neunziger Jahren mit seinen Ausschweifungen Aufsehen erregte und im Buch der Rekorde mit dem teuersten Abendessen aller Zeiten vertreten war, für 21.000 Dollar.

Er wird verdächtigt, Hunderttausende tschechischer Kleinanleger, die damals über Kupons an der Privatisierung der Staatsbetriebe teilhaben wollten, um ihr Geld gebracht zu haben. Ein anderer der neuen Milliardäre - nach tschechischen Kronen bemessen, erreicht man diesen Status schon mit umgerechnet 35 Millionen Euro - wurde vor einem Jahr vor seiner Firma erschossen.

In jedem dieser Fälle blieben Zweifel, inwieweit die Verdächtigen Helfer in der Polizei und der Justiz hatten. Auch jetzt, im Fall Krejcir, mischt sich in die Erleichterung die besorgte Frage, was wohl mit Krejcir in Tschechien geschieht, wenn ihn die südafrikanische Regierung ausliefert.

© SZ vom 26.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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