Teeniebands:Dubi Dam Dam

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Wie sich Super RTL als Schöpfer von Teenie-Bands wie Banaroo oder Yoomiii profiliert - und dabei kräftig kassiert.

Senta Krasser

Es gibt Musikredakteure beim Radio, die über Banaroo und Yoomiii spotten: "Sind das überhaupt Bands?" Junge Hörfunkstationen wie WDR EinsLive, N-Joy oder Potsdams Radio Fritz spielen deren Werke jedenfalls nicht, weil die Songs einem Radiofachmann zufolge "Abschalter" seien und "nicht konsensfähig".

Förderung nach allen crossmedialen Kärften: die Mädchenband Yoomiii. (Foto: Foto: Super RTL)

Mit diesem Spott kann SuperRTL gut leben. Der kommerzielle Kinderkanal aus Köln hat die beiden Pop-Gruppen Banaroo und Yoomiii selbst erschaffen - eine Schöpfung, die sich ökonomisch überaus lohnt.

Super RTL besitzt die Rechte, vermarktet und verkauft deren Musik und mischt im Musikgeschäft so super mit, dass der Marketingspezialist des Senders, Michael Bolte, selbstbewusst behauptet: "Wir brauchen das Radio für eine effektive Musikvermarktung nicht."

Jede Menge Kreischpotenzial

Banaroo und Yoomiii sind die Lieblinge der Pausenhöfe, ein hausgemachtes Tokio-Hotel-Phänomen mit ähnlich hohem Kreischpotenzial.

Die drei Girlies von Yoomiii zum Beispiel belegen mit ihrem Abba-esken Debüt Gimme, Gimme, Gimme derzeit Platz 15 der deutschen Single-Charts und tauchen auch in der Viva-Rotation auf.

Das ist erstaunlich, weil Kristin, Nina und Bouchra, anders als die einstige Schülerband Tokio Hotel, erst vor drei Monaten zu jener Formation geworden sind, die irgendwie nach einem Asia-Gericht klingt.

Banaroo trafen es vor einem Jahr noch besser: Das bunte Quartett aus Cat, Steffy, Vito und Bobby landete mit der ersten textsimplen Single Dubi Dam Dam nicht nur einen bierzelttauglichen Sommerhit, sondern auch in den Verkaufslisten Platz zwei.

Insgesamt haben die fab four von Banaroo schon knapp eine Million Tonträger verkauft - dafür wurden sie dieses Jahr sowohl für den Popmusikpreis Comet als auch den Echo nominiert.

Nicht unbescheiden erzählt Super-RTL-Manager Bolte denn auch vom Geschäftsführer einer großen Tonträgerfirma, der gesagt haben soll: "Wir haben jahrelang auf den falschen Sendern Werbung geschaltet."

Der halb zu Disney, halb zu Bertelsmann gehörende Kanal Super RTL stand - und steht immer noch - für Kinderzeichentrick wie Sponge Bob oder die Serie mit Bob, dem Baumeister.

Aber Musiksendungen? Im April 2005 - da hatte der Sender gerade unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Sänger für Banaroo gecastet - startete der Sender mit Banaroo - Das Star-Tagebuch ein tägliches Fünf-Minuten-Vorabendprogramm, das mehr leistet als der schönste Bravo-Fotoroman.

Das TV-Format dokumentiert Karriereschritte ins Showbusiness: die ersten Interviews, die ersten Auftritte, die ersten Enttäuschungen.

Und mit jeder der 84 Folgen wuchs die Fangemeinde - und stiegen die Verkaufszahlen der Tonträger, die beim Label Na klar! Records von der Plattenfirma Sony BMG erschienen, die wiederum zur Hälfte dem Super-RTL-Gesellschafter Bertelsmann gehört. Die Familie hält, na klar, zusammen.

Das TV-Format selbst entwickelte sich mit im Schnitt 590.000 Zuschauern (Marktanteil 14 bis 49 Jahre: 2,9 Prozent) zur erfolgreichsten Eigenproduktion von Super RTL seit Bestehen des Senders; in der für Super RTL relevanten Zielgruppe der 3- bis 13-Jährigen holte das Star-Tagebuch sogar einen Marktanteil von 30,2 Prozent.

Beim TV-Tagebuch von Yoomiii, das gerade montags bis freitags kurz nach halb sieben aufgeblättert wird, ist das Interesse allerdings ein wenig abgeflaut: auf im Schnitt 22 Prozent bei den bis 13-Jährigen.

Super RTL hat das Rad nicht neu erfunden. Schon der große Bertelsmann-Bruder RTL schuf in der Castingshow Deutschland sucht den Superstar Instant-Berühmtheiten wie Alexander Klaws, die aber ziemlich schnell aus den Hitlisten verschwanden.

Von den Bands Preluders oder Bro'Sis, die ProSieben und RTL 2 als Popstars groß rausbringen wollten, redet auch keiner mehr. Vermutlich haben die dumpfen Beats von Banaroo und Yoomiii eine ebenfalls geringe Halbwertzeit.

Doch der Markt für deren "kinderrelevante Pop-Musik" ist momentan weit offen: Es ist viel Geld zu holen.

Eine Frage der Halbwertszeit

Die Pubertät, das Schwärmen für Stars setzt immer früher ein. Bei Super RTL hat man festgestellt: Auch Grundschüler hören gerne Musik. Und vor allem: Sie laden sich ihre Lieblingshits nicht wie die Älteren günstig aus dem Internet herunter, sondern kaufen teure CDs beziehungsweise lassen kaufen.

Anfangs noch kooperierte der Kindersender mit Plattenfirmen wie Universal - und begnügte sich mit dem branchenüblichen Erlös von 26 Cent pro Single beziehungsweise 52 Cent pro Album.

Als aber die Hits von DJ Ötzi und Chipz so brillant über den Ladentisch gingen, machten sich die Kölner mit dem Projekt Banaroo - und später Yoomiii - eigenständig und fördern es seither nach allen crossmedialen Kräften. Davon gibt es viele.

Auf toggo.de, mit über 140 Millionen Klicks pro Monat eine der meist genutzten Webseiten für Kinder, ist "alles" zu erfahren, was kleine Fans eben gerne so lesen: dass zum Beispiel der Name Banaroo von Bananen-essenden Kängurus abstamme.

Das Titellied zur Super-RTL-Serie Kim Possible schmettern Banaroo. Und beide Bands werden auf "Toggo-Tour"-Konzerten über die Bühnen der Republik geschickt, sie tingeln durch sendereigene TV-Shows wie Toggo Soundclub oder albern mit Dirk Bach bei der Disco Mania von RTL.

Banaroo haben darüber hinaus die Patenschaft übernommen für den diesjährigen Kiddy Contest, eine Art Mini-Playback-Show, die der ORF vor zwölf Jahren ins Leben rief und die Super RTL nun im dritten Jahr mit produziert - die Platte zur Show bringt praktischerweise Sony BMG heraus.

Und weil Yoomiii so treffend singen: "Be a part of the dream we are living", können Fans auch am Kiosk am Traum teilhaben, den ihre Stars leben: YAM!, Micky Maus und W.i.t.c.h. berichten ausführlich.

Angedacht ist ein Fan-Magazin, wie es der Panini-Verlag im Vorjahr mit Hey! Spezial über Banaroo herausbrachte. Bereits auf dem Markt ist eine Mode-Kollektion in Yoomiiis Namen.

So haben sich Banaroo & Yoomiii zu einem der wichtigsten Non-TV-Geschäftsbereiche von Super RTL entwickelt. "Wir profitieren überproportional - aber wir investieren auch viel mehr", sagt Sendermann Bolte.

Das hat auch RTL2 überzeugt, wo unlängst die Doku-Serie Big In America über die Boy-Band US5 lief: Die Münchner strahlen freitags eine Wochenzusammenfassung des Yoomiii-Star-Tagebuchs aus; dazu singen die Girls beim RTL2-Spektakel The Dome, das in diesem Jahr das Zehn-Jahre-Jubiläum voll macht.

Man sei noch in der "Lernphase", wie man "Synergie-Potenzial" weiter nutzen könne, sagt Super-RTL-Vermarkter Bolte. Und auch die Kollegen von RTL2 finden das Kooperations-Experiment so "positiv", dass sie von August an gemeinsam mit den Kölnern einen frischen Künstler aufbauen wollen.

Schon möglich, dass sich der dann wie seine Vorgänger von Banaroo und Yoomiii bei Radiosendern nicht sehr beliebt machen wird.

© SZ vom 1.7.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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