Talea-Prozess:Pflegemutter muss für acht Jahre in Haft

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Erstickt im eiskalten Wasser: In dem spektakulären Indizienprozess um die kleine Talea ist die Pflegemutter zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden.

Für den gewaltsamen Tod ihrer fünfjährigen Pflegetochter Talea hat die 38-jährige Kaja G. aus Wuppertal eine Gefängnisstrafe von acht Jahren erhalten. Das Landgericht Wuppertal verurteilte die Pflegemutter am Donnerstag wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen.

Qualvoll ums Leben gekommen: Ein Bild hängt am Grabstein der kleinen Talea. Das Gericht sah die Schuld ihrer Pflegemutter als erwiesen an. (Foto: Foto: dpa)

Demnach hatte sie das Kind im März 2008 in eine Badewanne mit eiskaltem Wasser gesetzt und ihren Tod billigend in Kauf genommen. Talea starb an Unterkühlung - zuvor hatte es laut Obduktion auch einen Erstickungsversuch gegeben.

Die angeklagte Pflegemutter hatte die Vorwürfe stets bestritten und erklärt, sie habe Talea in der Badewanne vorgefunden, nachdem diese längere Zeit allein gewesen sei. In ihrem letzten Wort erklärte die 38-Jährige unter Tränen, das Geschehene tue ihr sehr leid. "Ich trage die Schuld dafür, dass ich nicht da war."

"Wie ein Mosaik"

Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor eine Haftstrafe von elf Jahren für die Pflegemutter gefordert. Die 38-Jährige habe den Tod des Kindes billigend in Kauf genommen, sagte Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt am Mittwoch in seinem Plädoyer vor dem Landgericht Wuppertal. "Die Fassade der Angeklagten zu durchschauen, erscheint sehr schwer", betonte er. Der Prozess sei ein Indizienverfahren gewesen, bei dem man die Indizien "wie in einem Mosaik" zusammensetzen musste: "Das Bild, das entsteht, ist vielleicht nicht hochauflösend, aber doch erkennbar."

Kaja G. musste sich seit Oktober vor Gericht wegen Totschlags an ihrer Pflegetochter verantworten. Sie soll laut Anklage am 18. März 2008 versucht haben, Talea zu ersticken. Danach habe sie das Kind in eine mit eiskaltem Wasser gefüllte Badewanne gesetzt, so dass es an Unterkühlung starb. Die 38-Jährige hat diesen Vorwurf stets bestritten und erklärt, sie habe Talea in der Badewanne gefunden, nachdem sie sie längere Zeit allein gelassen hatte.

Talea war häufig mit blauen Flecken und Wunden übersät. Die Pflegemutter hatte dies unter anderem damit erklärt, das Mädchen habe motorische Schwierigkeiten und falle häufig hin.

Auf Seite 2: Warum die Verteidigung von einem Unfall ausging

Staatsanwalt Kaune-Gebhardt betonte dagegen in seinem Plädoyer, Talea habe sogar Rollschuhlaufen geübt. Die Angeklagte hatte laut Staatsanwalt eine Fassade aufgebaut. "Es verwundert nicht, dass sie in der Lage war, Kindergarten und Jugendamt von ihrem in sich stimmigen Verhalten zu überzeugen."

Der Scheinwelt der 38-Jährigen sei nicht nur die Kinderärztin, sondern auch das Jugendamt erlegen, fügte er hinzu. Es sei aber falsch, das Jugendamt oder einzelne Mitarbeiter als mitschuldig anzusehen. Die Anklagebehörde hatte nach Taleas Tod gegen zwei Sachbearbeiterinnen der Sozialverwaltung wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen ermittelt, später aber die Ermittlungen eingestellt.

Die Verteidigung zeigte sich überzeugt, dass es bei Taleas Tod um ein "folgenschweres Unfallgeschehen" gehandelt habe. Womöglich habe sich der Unfall ereignet, als Talea und der elfjährige Sohn der Pflegemutter allein waren, sagte Verteidiger Michael Kaps.

Der Junge könne sich beim Spielen auf Taleas Brustkorb gesetzt oder ihr ein Kissen auf den Mund gedrückt haben. Möglicherweise habe Talea das Bewusstsein verloren, und der Junge habe sie in die Wanne geschleppt, um sie wach zu bekommen. "Während er das Wasser einlaufen ließ, hörte er seine Mutter rufen. Aus Angst vor Strafe hat er nichts gesagt."

Die Verteidigung wies darauf hin, dass es keine Zeugen für die Tat gebe und auch die genaue Tatzeit unklar geblieben sei. Auch das vermutete Motiv, die Angeklagte habe Talea in die Badewanne gesteckt, weil sie in die Hose gemacht habe, sei reine Spekulation.

Die Pflegemutter alarmierte damals selbst den Notarzt und wartete mit dem Kind auf dem Arm auf den Rettungswagen. Nach dem Eintreffen der Rettungskräfte zeigte Talea noch Lebenszeichen, starb aber am Abend im Krankenhaus.

© dpa/AP/hai/bosw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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