"Tagesthemen":Je früher, desto besser

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Gute Quoten für die ARD-Nachrichtensendung - doch die Programmmacher wollen mehr. Deshalb läuft die Sendung ab April bereits eine Viertelstunde früher, also um 22.15 Uhr. Von Kai-Hinrich Renner.

Kaum besser konnte die Laune bei den Machern der ARD-Tagesthemen in Hamburg sein. Sie sahen ein gutes Jahr 2004, mit durchschnittlich 2,25 Millionen Zuschauern - 20.000 mehr als im Vorjahr. Dagegen verlor das heute-journal im ZDF 150.000 Seher, liegt aber mit 3,61 Millionen weiter auf hohem Niveau.

Zum Jahreswechsel aber wurde den ARD-Hierarchen schmerzlich bewusst, dass jener Zuschauer, der nur bei Großereignissen Nachrichten einschaltet, eher die Konkurrenz wählt.

Als die Flutwelle in Asien ganze Landstriche verwüstete und auch Touristen in den Tod riss, legte das heute-journal um 21.45 Uhr zu: Zwischen dem 26. Dezember und dem 9. Januar erreichte es 5,33 Millionen Zuschauer. Bei den Tagesthemen wuchs die Quote gerade mal auf 2,78 Millionen.

Radikale Reformen

Womöglich haben diese Zahlen dazu geführt, dass die Pläne für eine Verlegung des ARD-Magazins von 22.30 Uhr auf 22.15 Uhr, die schon vor der Flut diskutiert wurden, nun besonders schnell umgesetzt werden: Im April soll es soweit sein.

Vom 4. März an will die ARD zudem freitags, wenn das ZDF abends zwei Krimis sendet und mit Nachrichten erst um 22 Uhr beginnt, ihre Tagesthemen schon um 21.45 Uhr platzieren - Teil einer radikalen Reform, deren Eckpunkte die Intendanten nun beschlossen haben. Am nächsten Montag soll der Plan offiziell verabschiedet werden. Mit den Details ist ARD-Programmdirektor Günter Struve bereits betraut.

"Katastrophal"

Offiziell sehen die Verantwortlichen der ARD kein Problem in ihrem Nachrichtenwesen. "Unsere guten Quoten stürzen mich nicht in tiefe Depressionen", sagt Kai Gniffke, zweiter Chefredakteur von ARD-Aktuell und als solcher zuständig für die Tagesthemen. Doch für das Image der Sendung seien die brisanten Zahlen zum Jahreswechsel "katastrophal", findet ein anderer Mitarbeiter von ARD-Aktuell.

Mitverantwortlich für das Quoten-Desaster dürfte sein, dass die Tagesthemen am 26. Dezember und 1. Januar, als das Interesse an der Flut riesengroß war, nicht auf Sendung waren. Anders das ZDF: Angesichts der dramatischen Bilder aus Asien brachten die Mainzer Sondersendungen, die 7,11 Millionen und 7,94 Millionen Zuschauer lockten.

Chancenlos gegen das ZDF

Warum reagierte das Erste nicht? "Die ARD-Programmplanung liegt nicht bei ARD-Aktuell", sagt Gniffke und verweist nach München. Dort sitzt Struve. Als die Tagesthemen-Redaktion am 2. Januar wieder arbeitete, waren sie mit 2,8 Millionen Zuschauern chancenlos: Das heute-journal dagegen schalteten 7,46 Millionen ein, obwohl zeitgleich im Ersten Sabine Christiansen plauderte.

Diese Zahlen sind für die Tagesthemen-Chefs auch deshalb so bitter, weil sie zum Beispiel in den ersten zwei Wochen nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 mit 3,03 Millionen noch Blickkontakt mit der ZDF-Konkurrenz (4,36 Millionen) hatten.

Den Nachteil, später als das ZDF mit News zu kommen, hat die Tagesthemen-Redaktion mit Neuerungen auszugleichen versucht: Nun stimmt in jeder Sendung ein kurzer Vorspann auf Top-Themen ein. Und der sechs Minuten lange Nachrichtenblock wurde in kurze Sequenzen aufgeteilt.

"Anderthalb Minuten Durchzug"

Eine grundlegende Reform ist jedoch nicht in Sicht. Nach wie vor gibt es den täglichen Kommentar, über den heute-journal-Moderator Claus Kleber spottete, er hoffe, die ARD schaffe ihn nie ab, denn er helfe seiner Sendung sehr: "Jeder Zuschauer schaltet in diesen anderthalb Minuten auf Durchzug."

Auch beim Personal - mit Anne Will und Ulrich Wickert vor der Kamera - ändert sich wenig. Doyen Wickert hat viele Verdienste, doch der ein oder andere in der ARD mokiert sich bereits über einen angeblich altväterlich moralisierenden Moderationsstil. Ende 2006 geht er in Ruhestand.

Der WDR, der ein Vorschlagsrecht für diese Personalie hat, verständigte sich dem Vernehmen nach bereits auf Tom Buhrow als Nachfolger. Der Korrespondent in Washington gilt als kompetent und er lächelt freundlich. Künftig schon um 22.15 Uhr.

© SZ vom 26.01.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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