Süddeutsche TV Spezial:Das vergessene Volk

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Frei ist das Zigeunerleben, lustig ist es nicht: Sinti und Roma werden nach wie vor diskriminiert, bekommen keine Jobs und ihre Kinder werden in Sonderschulen abgeschoben.

Süddeutsche-TV-Autor Christian Bock hat die Roma in fünf Ländern über zehn Jahre hinweg besucht und ist dabei einem Volk nahe gekommen, das nur wenige Fremde in seine Geheimnisse einweiht.

Sendedatum: Samstag, 29.Mai, 21:55 Uhr, auf VOX

Zigeuner führen ein Leben in völliger Freiheit. Sie haben nie Grenzen gekannt, nie Kriege geführt. Sie können Muslime sein oder Christen. Sie können sesshaft sein oder reisen.

Die meisten Roma leben in den ehemaligen Ostblockstaaten Südosteuropas: Rumämien, Bulgarien, Serbien und Mazedonien. Aber auch einige der neuen EU-Staaten wie Ungarn und die Slowakei haben einen großen Roma-Anteil in ihrer Bevölkerung. Eine Minderheit, die trotz widriger Bedingungen wächst - die meisten Familien sind bitterarm, aber zahlreich.

Nur wenige Roma ziehen noch als Kesselflicker oder Korbflechter übers Land wie ihre Vorfahren. Sie sind seßhaft geworden, leben in eigenen Siedlungen am Stadtrand. Oft sind es Slums ohne Strom und fließend Wasser, mit einer hohen Analphabetenrate und vor allem ohne Ausweg.

Nur wenige Kinder schaffen es, aus dem Teufelskreis der Arbeitslosigkeit und Lethargie auszubrechen, den die Eltern vorleben. Wenn sie überhaupt Geld verdienen, dann oft als Kleinkriminelle oder Prostitutierte.

Trotzdem ist der Stolz der Roma ungebrochen und zeigt sich in den lebendigen Traditionen. Die Zigeuner des Balkans untergliedern sich in ein Gewirr verschiedener Volksgruppen mit eigenen Dialekten und Bräuchen.

Die Stammesmitglieder der Kalderasch, der Altmetallhändler, zum Beispiel treffen sich, wie bereits ihre Vorväter, am Tag des heiligen Gregor um Könige zu krönen, Zigeunergerichte abzuhalten und Hochzeiten zu vereinbaren.

Diese Hochzeiten unter Zigeunern sind eine ernste Angelegentheit. Mädchen wie Rosi und Velicka kommen schon als Teenager auf den traditionellen Hochzeitsmarkt, um einen passenden Mann zu finden. Vieles muss passen: die Hautfarbe, die Kaste und vor allem der Brautpreis.

Eine andere Tradition stirbt langsam aus: Bärenmänner wie Iwan und Angel wird es bald nicht mehr geben. Zwar ist das Halten von Tanzbären in Rumänien und Bulgarien noch erlaubt, aber Tierschutzorganisationen haben vor Jahren begonnen, die Tiere für ein artgerechteres Leben in Wildparks freizukaufen.

Auch Iwan wird seine Bärin Marianna schweren Herzens abgeben, er ist alt und 5000 Euro sind eine Menge Geld. Vielleicht wird er mit dem Geld eine neue Zukunft beginnen; vielleicht kauft er auch nur Schnaps davon.

(sueddeutsche.de)

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