Steiner-Prozess in Heidelberg:Verlauf des Unfalls ungeklärt

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Seit Olympia kennt die Welt sein Schicksal: Gewichtheber Matthias Steiner hatte den Sieg seiner verstorbenen Frau gewidmet. Im Prozess bleibt der Unfallhergang rätselhaft.

Bittere Stunden für Olympiasieger Matthias Steiner: Das Amtsgericht Heidelberg versucht seit Mittwoch zu klären, wie es zu dem tödlichen Unfall seiner Ehefrau Susann am 16. Juli 2007 kam. Die Anklage wirft einem 57-Jährigen aus dem Rhein-Neckar-Kreis fahrlässige Tötung vor. Er habe den Unfall zwischen Wiesloch und Heidelberg durch "extreme Unaufmerksamkeit" verschuldet, hielt Staatsanwalt Joachim Steinbacher dem Mann im Prozess vor.

Auf dem Weg zum Gericht: Der Olympiasieger Matthias Steiner tritt als Nebenkläger im Prozess um den Unfalltod seiner Frau auf. (Foto: Foto: ddp)

Der Angeklagte schwieg weitgehend. Gewichtheber Steiner, der als Nebenkläger auftritt, kam selbst zum Prozess. Ein Urteil sollte möglicherweise noch heute fallen.

Angespannt verfolgte Steiner die Aussagen von Zeugen und Sachverständigen. "Es ist ihm wichtig zu wissen, was sich genau ereignet hat bei dem Unfall", sagte sein Anwalt Oliver Oeser. Daher hakte der 26-Jährige bei der Befragung von Zeugen nach.

Der "stärkste Mann der Welt" hatte bei den Olympischen Spielen in Peking für Begeisterung und weltweite Rührung gesorgt: Bei der Verleihung seiner Goldmedaille hatte er das Foto seiner toten Frau immer wieder geküsst und in die Kameras gehalten. Steiner hatte vor dem Wettkampf gesagt: "Wenn ich auf die Bühne komme, denke ich an Susann. Ich kämpfe für Deutschland um Gold, aber vor allem für sie. Sie hat mich immer unterstützt."

"Der Jeep tauchte wie aus dem Nichts auf", schilderte ein unmittelbarer Unfallzeuge. Sein eigenes Auto sei knapp verfehlt worden. Tatsächlich raste der Jeep frontal in den Wagen von Susann Steiner, der völlig zerstört wurde. Die 22-Jährige musste von der Feuerwehr aus dem Kleinwagen befreit werden. Sie starb etwa sieben Stunden später an den Folgen schwerer innerer Verletzungen.

Spekuliert wird unter anderem, dass der Fahrer bewusstlos wurde und deshalb die Kontrolle über seinen Jeep verlor. Der Lagerist war damals weder betrunken noch soll er deutlich zu schnell gefahren sein. Nach Angaben des technischen Sachverständigen Andreas Peuser, war die Geschwindigkeit von etwa 90 Stundenkilometer - erlaubt war 70 - nicht Ursache für den Unfall. Die gebürtige Sächsin habe keine Chance gehabt, den Unfall zu vermeiden. Nach Angaben des Rechtsmediziners Rainer Mattern hätte Susann Steiner den Unfall überleben können, wenn die Aufprallgeschwindigkeit geringer gewesen wäre. "Das Verletzungsmuster war nicht so, dass sie überhaupt keine Chance hatte", sagte Mattern.

Bei der Siegerehrung hielt Steiner seine Medaille in die Kamera, in der anderen Hand ein Foto seiner verstorbenen Frau. Ihr widmete er seinen Sieg: "Sie ist immer bei mir. Ich denke schon, dass sie das heute mitgekriegt hat." Die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua hat den Sportler danach in die Liste der zehn "denkwürdigsten Olympioniken" aufgenommen.

Die Liebesgeschichte des Gewichthebers währte nur kurz. Die junge Frau hatte Steiner im Fernsehen gesehen und per E-Mail Kontakt mit ihm aufgenommen. In seiner Heimat Niederösterreich trafen sich die beiden zum ersten Mal. Im Dezember 2005 heiratete das frischverliebte Paar und zog zusammen.

Nach dem Tod seiner Frau konnte Steiner monatelang nicht trainieren. Dann rang er sich doch dazu durch, in Peking anzutreten. Er hat es offenbar nicht bereut. Hinterher sagte er: "Schön, dass es alles so gekommen ist."

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