Spektakulärer Fund in Italien:100 Millliarden Euro im Bummelzug

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In einem italienischen Zug hat die Polizei Wertpapiere über fast 100 Milliarden Euro gefunden. Größter Schmuggel der Geschichte oder Fälschung?

Stefan Ulrich, Rom

Ein Tag Anfang Juni 2009 am italienisch-schweizerischen Grenzübergang Chiasso: Am Bahnhof trifft ein Bummelzug von Italien her ein. Drinnen sitzen vor allem italienische Pendler, die täglich zum Arbeiten in die Schweiz fahren. Unter ihnen fallen den Grenzbeamten zwei Männer mit japanischen Pässen auf. Die beiden Herren um die 50 im Sakko und mit Krawatte behaupten, nichts zu verzollen zu haben. Italienische Finanzpolizisten untersuchen daraufhin ihr Gepäck - und machen im doppelten Boden eines Koffers einen geradezu schwindelerregenden Fund: Sie ziehen 249 US-Staatsanleihen im Nominalwert von je 500 Millionen Dollar und zehn sogenannte Kennedy-Bonds über je eine Milliarde Dollar heraus. Der Gesamtwert des Fangs beträgt mehr als 135 Milliarden Dollar, umgerechnet 96 Milliarden Euro. Der größte Schmuggelfall der Weltgeschichte?

Im doppelten Boden eines Koffers machte die Polizei einen unglaublichen Fund. (Foto: Foto (Symbolbild): ddp)

Was klingt wie ein spannend-absurder Romanplot von Dan Brown, könnte jedoch die Wahrheit sein. Jedenfalls meldete die Guardia di Finanza, die Finanzpolizei, ihren Coup auf ihrer Internetseite, was zunächst kaum jemand bemerkte. Am vergangenen Wochenende versicherte Oberst Rodolfo Mecarelli von der Finanzpolizei Como nun der Nachrichtenagentur dpa, mindestens ein Teil der Wertpapiere scheine echt zu sein. "Sie sind aus Filigranpapier von ausgezeichneter Qualität." Außerdem liege den Wertpapieren eine umfangreiche Bankdokumentation im Original bei. Die Papiere würden weiter auf ihre Echtheit hin überprüft. Um den Fall aufzuklären, arbeite die Guardia di Finanza nun mit dem amerikanischen Geheimdienst zusammen.

Segen für die Staatskasse?

Sollten die Papiere wirklich echt sein, könnte sich das für den italienischen Staatshaushalt segensreich auswirken. Denn es ist untersagt, Beträge im Wert von mehr als 10.000 Euro undeklariert in Länder außerhalb der EU, wie etwa die Schweiz, zu bringen. Bei Zuwiderhandlungen kann der Staat bis zu 40 Prozent des Wertes einziehen. Mit der Strafsumme im Fall von Chiasso ließen sich alle materiellen Schäden des Erdbebens in den Abruzzen mehrfach ausgleichen.

Noch aber ist völlig unklar, ob es sich nicht um eine gigantische Fälschung handelt. Schließlich wird immer wieder versucht, staatliche Schuldverschreibungen zu imitieren, um sie gutgläubigen Geschäftspartnern als Garantie zu geben. Die hier in Frage stehende Summe von 134,5 Milliarden Dollar wäre aber einmalig hoch.

Mit Bonds über solche Nennwerte wird normalerweise allenfalls zwischen Staaten gehandelt. Regierungen würden solche Papiere aber kaum in einem normalen Zug und per Koffer ins Ausland bringen lassen, sondern per Diplomatenpost, die nicht durchsucht wird. Außerdem ist völlig unklar, warum die beiden asiatisch aussehenden Männer mit den japanischen Pässen einen Pendlerzug benutzten, indem sie geradezu auffallen mussten.

Auch sonst häufen sich in diesem mysteriösen Fall die Ungereimtheiten. Warum etwa wurden die beiden Verdächtigen nach ihrem Verhör wieder freigelassen, wie die Finanzpolizei bestätigte. Bei einem Schmuggel oder einer Fälschung von solchen Ausmaßen erscheint das sehr ungewöhnlich. Die Finanzpolizei will sich jedoch unter Hinweis auf die laufenden Ermittlungen nicht näher dazu äußern.

Seltsam wirkt auch, dass die Finanzpolizei den möglichen Riesenfang nur per Kurznotiz auf ihrer Website verkündete, wo doch sonst in Italien viel kleinere Erfolge im Kampf gegen das Verbrechen mit enormen Aufwand und oft unter Hinzuziehung eines Ministers der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Die großen italienischen Zeitungen schweigen bislang weitgehend zu dem Fall. Ähnliches gilt für die amerikanische Presse. Dafür wird in Internet-Zeitungen heftig über die Herkunft der Papiere und die Motive für den Transport spekuliert. So wird gemutmaßt, es könnte sich um nordkoreanische Fälschungen handeln, die Agenten in die Schweiz bringen wollten. Bislang ist jedenfalls noch nicht einmal geklärt, ob die Herren mit dem Koffer wirklich Japaner sind. Ein Sprecher des Außenministeriums in Tokio sagte, das japanische Konsulat in Mailand gehe der Sache gerade nach.

© SZ vom 15.06.2009/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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