Simonis im Interview:"Hütet euch. Ich kann tanzen"

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Im TV fürchtet Heide Simonis keine Abwahl

Jochen Brenner

Am 17. März des vergangenen Jahres wurde Heide Simonis (SPD) im Kieler Landtag als Ministerpräsidentin nicht wiedergewählt. Nun, zwölf Monate später, wird sie in der RTL-Tanzshow Let's dance(3. April) als Partnerin eines Profi-Tänzers um die Gunst der Telefon-Wähler werben. Simonis, 62 Jahre alt und Vorsitzende von Unicef Deutschland, übt aus diesem Grund seit Wochen mit einem Tanztrainer Samba, Rumba und andere Tänze.

SZ: Frau Simonis, wollen Sie jetzt ein Fernsehstar werden?

Heide Simonis: Das glaube ich nun wirklich nicht. Aber wenn ich so weiter trainiere, dann werde ich vielleicht mal Tanz-Star.

SZ: Als Ministerpräsidentin haben Sie Gesetze für Privatsender gemacht, heute treten Sie in einer RTL-Tanzshow auf. Hätten Sie das denn früher für möglich gehalten?

Simonis: Nein, mich hätte auch niemand gefragt. Außerdem setzten die Privatsender damals gerade erst zu einem Qualitätssprung an, den sie zum Teil in der Zwischenzeit gemacht haben.

SZ: RTL ist also seriös?

Simonis: Die Privaten sind sehr unterhaltend, ziehen eine jüngere Zuschauerschaft an. Es gibt immer noch die eine oder andere Sendung, bei der ich mir an den Kopf fasse. Solange das bei denen durchgeht, die dazu berufen sind, das zu kontrollieren, habe ich nicht nach Kontrolle zu schreien.

SZ: Schauen Sie auf die Quote und die Marktanteile wie auf Umfragen und Wahlkampfergebnisse?

Simonis: Nein, habe ich nie gemacht, weil mich das am Anfang ziemlich in die Irre geführt hat. Man hat immer nur die Quoten angeschaut und übersehen, dass Einzelne Zeitungen, Fernsehen und Radio kontrollieren, also die Möglichkeiten von Cross-Owner-Ship ausnutzen. Erst als das bei den Ministerpräsidenten diskutiert worden ist, haben wir das Problem ja auch in den Griff gekriegt.

SZ: Was ist der Unterschied zwischen Rumba und Samba?

Simonis: Rumba wird anders gezählt als getanzt. Oder anders getanzt als gezählt? Das bringt einen vollkommen in Tüddel.

SZ: Tüddel? Ihr Tanzlehrer verriet, dass Sie schnell lernen - und schnell vergessen. Stimmt das?

Simonis: Ich kann relativ schnell, was ich machen soll. Dann komme ich an und sage: "Ich hab's geübt!" Dann fangen wir an und weg isses. Weg ist es!

SZ: Ein Jahr ist seit Ihrer Nicht-Wiederwahl vergangen - ist das Tanzabenteuer Teil einer neuen beschwingten Lebenshaltung?

Simonis: Ich war immer ein beschwingter Mensch. Was mir allerdings wirklich geholfen hat, nach vorne zu gucken, mich für etwas ganz Neues zu engagieren, ist die Berufung zu Unicef gewesen. Das war ein Vierteljahr nach dem 17. März 2005. Das Tanzen ist bloß ein Gag. Am Anfang habe ich gedacht: Das wird so ein bisschen Tanzen. Von wegen. Es ist mehr als das.

"Eine hoch seriöse Veranstaltung"

SZ: Haben Sie eigentlich überhaupt keine Angst, wieder abgewählt zu werden - also quotenmäßig?

Simonis: Nein, irgend etwas musste RTL ja machen, um die Sendung spannend zu gestalten. Das ist eine hoch seriöse Veranstaltung, die sehr viel mit Sport zu tun hat. Es ist ein bisschen Glitzer, Glamour und Unterhaltung dabei. Es kann passieren, dass ich abgewählt werde - das kann den anderen auch passieren. Das gehört schließlich zum Konzept der Sendung.

SZ: Welche Fernsehauftritte planen Sie als nächstes?

Simonis: Keine mehr. Ich hatte auch für Let's dance um Bedenkzeit gebeten. Ich wollte nicht als Mehlsäckchen über die Tanzfläche geschleppt werden. RTL hat mich auch gelockt, indem sie gesagt haben: Wir spenden was für Unicef. Da habe ich gesagt: Ich spende auch was und mache mit. Unicef organisiert ja leider keine Bälle, aber was ich jetzt sagen kann: Leute, hütet euch! Ich kann tanzen!

SZ: Wie finden Sie denn den derzeitigen Zustand des Fernsehens, das Sie ja doch medienpolitisch sehr lange mitgeformt haben?

Simonis: Da gibt es Übernahmewünsche, Fusionswünsche, die ja abgeschmettert wurden - den einen oder anderen Wirbel eben. Ich denke, dass sich die Sender, so wie sie jetzt sind, ganz fair auf dem Markt bewegen. Es gibt eine Annäherung zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Privaten. Der üble Streit um die Eroberung des Marktes von früher ist zwischenzeitlich überflüssig. Und manche Sendungen von RTL sind absolut seriös, manche Nachrichtensendungen sogar schneller als die anderen.

SZ: Wann kehren Sie in ein politisches Amt zurück, Frau Simonis?

Simonis: Nie. Nach diesem Tanzwettbewerb wird mich keiner mehr nehmen. Ich tanze viel zu gut.

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