"Sex and the City":Ein Sucht-Bekenntnis

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94-Mal haben Carrie, Charlotte, Miranda und Samantha gezeigt, wie schön einfach das Leben ist: Jeder hat sein Glück in den Händen und wenn es ein Fendi-Täschchen ist.

Von Eike Schrimm

Dienstags kann ich nie. Ich sage alles ab. Egal, was kommt. Dienstags um Viertel nach Neun kommen nämlich Carrie, Charlotte, Miranda und Samantha zu mir. Für sie lasse ich mein eigenes Leben links liegen und ich bin nur noch für "Sex and the City" da.

Schlimm: Am 14. Dezember gibt es zum letzten Mal "Sex and the City" mit Kim Cattrall als Samatha, Cynthia Nixon als Miranda, Sarah Jessica Parker als Carrie und Kristin Davis als Charlotte. (Foto: Foto: AP/ HBO)

Natürlich sind die vier viel schöner, viel pfiffiger, viel lustiger, viel besser als ich: Sie leben in New York, ich nur in München, sie gehen in die tollsten Szene-Bars, ich nur in olle Kneipen, sie tragen wunderbare Sachen, ich nur popelige Klamotten. Rein dramaturgisch ist da also eine Kluft zwischen uns, die tiefer und breiter gar nicht sein kann.

Und trotzdem: Ich lache und flenne mit ihnen. Die Szene, als Aidan in die New Yorker Nacht hineinschreit "Carrie, du hast mein Herz gebrochen" - dieses Szene geht ein in meine persönliche Filmgeschichte.

Klar, es ist bloß eine Serie und Carrie & Co. spielen mir etwas vor. Aber sie sind so voller Leben, auch wenn es nicht das wahre ist. Mit größtem Vergnügen bin ich dabei, wenn sie sich mindestens einmal pro Folge im Restaurant treffen und das Tagesproblem durchkauen.

Aufwendig zurecht gemacht sagen sie dann so schöne schlichte Dinge: "Werden wir klüger oder nur älter?" Sie keifen sich an: "Samantha, wann wirst du endlich lernen, nicht alles ins Bett zu zerren, was dir über den Weg läuft." Sie reden Tacheles: "Jeder Mensch masturbiert." Und sie gehen mit sich selbst am härtesten zu Gericht: "Big ist perfekt, perfekt, perfekt und ich bin das Mädchen, das furzt." Aber das Allerbeste: Sie drängen niemanden die eigene Meinung auf und moralisieren nicht, keine Sekunde lang.

Entweder Carrie, Charlotte, Miranda oder Samantha stößt das Problem an, die anderen drei erzählen, wie sie selbst mit damit umgehen. Sie langweilen auf keinen Fall mit Patentlösungen, stattdessen schieben sie Folge für Folge den gleichen Denkprozess an - auch bei mir: "Ist es in Ordnung, wie ich durchs Leben marschiere?" Und damit meinen sie nicht nur die Manolo-Blahnik-Sandalen an ihren Füßen.

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