Saudi-Arabien:Massenpanik während der Steinigung des Teufels

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Eine Massenpanik während der muslimischen Pilgerfahrt Hadsch hat am Sonntag in der Nähe von Mekka mindestens 244 Menschen das Leben gekostet, etwa genau so viele wurden verletzt.

Wie Hadsch-Minister Ijad Madani mitteilte, wurden die Menschen während der symbolischen Steinigung der Versuchung durch den Teufel zu Tode getrampelt. Die Massenpanik habe 27 Minuten gedauert, sagte Madani.

Sieben der Schwerverletzten schwebten noch in Lebensgefahr. "Es wurde alles getan, um einen solchen Vorfall zu verhindern, aber das ist Gottes Wille", sagte Madani. "Die Vorsicht ist nicht stärker als das Schicksal."

Madani erklärte, bei den meisten Opfern handele es sich um Bürger Saudi-Arabiens, die eigentlich keine Genehmigung zur Teilnahme an der Hadsch gehabt hätten.

Um die Pilgerfahrt überhaupt kontrollieren zu können, hat Saudi-Arabien Quoten für jedes Land festgelegt, wie viele Pilger es schicken darf. Sie müssen auch alle registriert werden.

Gefährliches Ritual

Die Steinigung des Teufels gilt als gefährlichstes Ritual für die Pilger, die Steine und Schuhe auf mehrere Säulen werfen und sie verfluchen.

Sie bringen damit ihre tiefe Verachtung für den Teufel zum Ausdruck. In dem Gedränge bei dem Ritual stürzten dieses Mal viele Gläubige und wurden zu Tode getreten.

"Die Zahl der getöteten Pilger wäre auf mehrere hundert gestiegen, wenn die Sicherheitskräfte nicht eingegriffen hätten", sagte Behördensprecher Ahmed el Raudan.

Im vergangenen Jahr waren während der Zeremonie 14 Gläubige ums Leben gekommen, 2001 waren es 35 und 1998 sogar 180.

Am Abend vor dem Ritual hatte der oberste muslimische Geistliche Saudi-Arabiens, Scheik Abdul Asis el Scheik, vor den rund zwei Millionen Gläubigen die Handlungen islamistischer Terroristen scharf verurteilt.

El Scheik erklärte, ihre Angriffe gäben nur den Feinden einen Vorwand für Angriffe auf muslimische Staaten. An die Terroristen richtete er die Frage, wie sie denn glauben könnten, dass ihre Ziele heilig seien.

Seine Predigt wurde auch live von vielen Millionen Muslimen in Saudi-Arabien und den Golfstaaten im Fernsehen verfolgt.

El Scheik erklärte mit Bezug auf muslimische Opfer bei den Terroranschlägen, jeder Muslim sei des anderen Bruder. Kämpfe untereinander sollten vermieden werden. In rhetorischen Fragen sagte er:

"Ist es ein heiliger Krieg, das Blut von Muslimen zu vergießen? Ist es ein heiliger Krieg, das Blut von Nichtmuslimen zu vergießen, die in einem muslimischen Land aufgenommen wurden? Ist es ein heiliger Krieg, den Besitz von Muslimen zu zerstören?"

El Scheich äußerte sich anlässlich des zweiten rituellen Höhepunkts der Pilgerfahrt, dem Besuch des Berges Arafat. Zum Auftakt hatten die Pilger am Donnerstag mehrmals die Kaaba umrundet, ein schwarzes, fensterloses Gebäudes im Innenhof der Großen Moschee von Mekka.

Bei ihren täglichen Gebeten richten sich Muslime in aller Welt auf die Kaaba aus. Mit dem Morgengebet am Berg Arafat, rund 20 Kilometer südwestlich von Mekka, setzen die Gläubigen die Zeremonie fort.

Auf dem Arafat hat Prophet Mohammed der Überlieferung zufolge im Jahr 632 n.Chr. Drei Monate vor seinem Tod seine letzte Predigt gehalten. Jeder gläubige Muslim soll nach nach den Vorschriften des Korans einmal in seinem Leben an der Pilgerfahrt nach Mekka teilnehmen.

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