Samstagabend im Fernsehen:Guck mal, wer da geht!

Lesezeit: 2 min

Was ist die große Abendunterhaltung noch wert? Ein Vergleich zwischen Oliver Pocher und Frank Elstner.

Peter Luley

Die einen halten den mietbaren Pro-Sieben-Moderator Oliver Pocher (Rent a Pocher) für eine Nervensäge mit schlechten Manieren. Die anderen sehen in dem postpubertären Comedian, der den Boulevard erregte, als er bei Gottschalk & Friends die dralle Diva Mariah Carey als "Presswurst" bezeichnete, den Erben von wahlweise Thomas Gottschalk oder Harald Schmidt.

Show-Dino Frank Elstner und seine Einspielfilmchen... Zapp! (Foto: Foto: AP)

Auch Pocher selbst glaubt sich zu Höherem berufen: Er klopfe nun ans Tor zur Champions League und wechsle zur glamourösen Viertel-nach-Acht-Unterhaltung, ließ er kürzlich verbreiten.

Gemeint war das Große Pro Sieben Tanzturnier - ein Format, in dem sich mit professionellen Tänzern gepaarte Prominente in mehreren Disziplinen auf dem Parkett messen und das der Sender sich von der erfolgreichen BBC-Show Strictly Come Dancing abgeschaut hat. Von Frühjahr 2006 an will auch RTL unter dem Titel Dancing Stars (mit Hape Kerkeling) eine eigene Variante ins Rennen schicken.

Vergangenen Samstag war es nun pochermäßig soweit - ein interessanter Test hinsichtlich des Moderators und des Konzepts. Wer wollte, konnte überdies den direkten Vergleich zur alten Conférenciers-Schule ziehen: In der ARD kehrte zeitgleich Show-Dino Frank Elstner mit "Verstehen Sie Spaß?" und der versteckten Kamera aus der Sommerpause zurück.

So pendelte der unerschrockene Zapper zwischen der Historischen Stadthalle Wuppertal, wo sich die "Saturday Night Sensation" von Pro Sieben rasch als Stelldichein von überwiegend Dschungelshow-gestählten C-Promis der Kategorie Caroline Beil und Désirée Nick erwies, und der Oberschwabenhalle in Ravensburg, wo alsbald der unverwüstliche Rolf Zuckowski trällerte und Elstner seine Einspielfilmchen präsentierte.

So erwartbar unterschiedliche Tonlagen der altväterliche Elstner, 63, und der flegelhafte Pocher, 27, anstimmten, es gab auch Gemeinsamkeiten. Publikumsvotings beispielsweise kamen hier wie dort zum Einsatz: Bei Elstner konnten die Zuschauer bestimmen, ob Horst aus Unna, Angelina aus Büttelborn oder Peter aus Hamburg zum Witzbold des Abends gekürt werden sollte.

Dann mal schnell rüber zum lispelnden Lästermaul Pocher. Zapp! (Foto: Foto: ddp)

Bei Pocher galt es, die Punktevergabe der Jury um den unvermeidlichen Detlef D!Soost und die frühere Profiturnerin Magdalena Brzeska zu korrigieren oder zu stützen. Und ihre Längen hatten auch beide Sendungen: Bei Elstner fielen die unglaubwürdigen Promiverschaukelungen (mit Annett Louisan und Tina Ruland) gegen die zum Teil ganz witzigen Lockvögel-Streiche auf der Straße ab.

Bei Pocher dominierte dessen Bruder im Geiste und Fast-Namensvetter Oli.P (Big Brother) den Wettbewerb schon nach Runde eins dermaßen, dass sich die ohnehin schwelende Frage, warum man sich mäßige Darbietungen mäßig spannender Paare ansehen sollte, noch intensiver stellte. Daran vermochten weder Co-Moderatorin Sonya Kraus (schon gar nicht die) noch eine eigene Tanzeinlage Pochers mit dem an und für sich lustigen Thomas Hermanns etwas zu ändern.

Gottseidank begrüßte Elstner kurz vor Schluss "das Traumpaar" Stefanie Hertel und Stefan Mross. Damit war die Polarität wieder hergestellt: Für die Volksmusik-Fraktion ist schließlich Mross, der Liedgut-feste und moderierende (Immer wieder sonntags) Trompeter, der kommende Mann. Wann er denn seine große Samstagabendshow bekomme, fragte ihn Elstner tatsächlich. Mross versprach, jetzt erst mal 30 zu werden.

Dann mal schnell rüber zum lispelnden Lästermaul Pocher. Doch so erfrischend sein respektloser Ton sein kann, wenn er sich auf die Mechanismen der Unterhaltungsbranche bezieht, so daneben knallen auch immer wieder seine zotig-diffamierenden Sprüche über Anwesende (über Sonya Kraus: "Was man mit bisschen Klebeband mit seinen Titten alles machen kann"; bei der Vorstellung Magdalena Brzeskas: "Die geile Blonde halt").

Mit geschickten gecasteten Paarungen hätte der Tanzwettbewerb vielleicht durchaus die Kraft für weitere Folgen, und mehr Geschick würde man auch Pocher wünschen. Einstweilen ist der allerdings noch weit entfernt von Mainstream-Kompatibilität. Und vielleicht ist das ja gut so. Die große Wachablösung steht jedenfalls nicht bevor.

Zum Abschied kündigt Pocher den nachfolgenden Spielfilm The Hole als "Dokumentation über Jenny Elvers" an. So einen haut er gern noch raus am Ende des Tages. Der Zuschauer ist erledigt von den gesammelten Unterhaltungsbemühungen. Pocher aber, der Unermüdliche, muss am heutigen Montagabend wieder ran: Für ein Pro-Sieben-Halloween-Spezial. Das passt.

© SZ vom 31. Oktober 2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: