Russland:Viele Tote nach Einsturz einer Markthalle

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Möglicherweise haben acht Zentimeter Schnee dafür gesorgt, dass das Dach einer Halle in Moskau nachgab. Doch der Architekt der Halle hatte auch ein Schwimmbad gebaut, dass zwei Jahre zuvor eingestürzt war.

In einer Moskauer Markthalle sind beim Einsturz des schneebedeckten Daches mindestens 56 Menschen getötet worden. 29 weitere Marktarbeiter wurden nach Behördenangaben verletzt.

Helfer suchten unter den Trümmern fieberhaft nach Verschütteten. Ein Brand, offenbar durch Funkenflug bei den Bergungsarbeiten ausgelöst, erschwerte den Einsatz.

Zum Zeitpunkt des Unglücks am frühen Morgen war die Bauman-Markthalle noch nicht für den Kundenverkehr geöffnet. Die Arbeiter hatten aber die Nacht in dem Gebäude verbracht. Nahezu alle Opfer stammten von außerhalb der Stadt, erklärte Bürgermeister Juri Luschkow. Nach Medienberichten lebten einige der Marktarbeiter im Keller des Gebäudes.

Fläche von 2000 qm

Nach dem Einsturz eilten mehr als 150 Rettungssanitäter und Bergungskräfte zum Unglücksort im Osten Moskaus. Spürhunde halfen bei der Suche nach Überlebenden. Mehrere verschüttete Personen riefen über ihr Mobiltelefon nach Hilfe.

Unter einer schweren Betonplatte wurde eine verschüttete Person entdeckt. Der Mann konnte zunächst nicht geborgen werden; mit einem Katheter in die frei liegende Hand wurde er mit Schmerzmitteln versorgt. Um die Verschütteten vor dem Erfrieren zu bewahren, wurde warme Luft in die Trümmer geblasen. Bis zum Nachmittag schwand die Hoffnung auf weitere Überlebende jedoch zunehmend.

Vor der eingestürzten Halle bangten weinende Arbeiter um ihre Kollegen. "Mein Bruder ist da drinnen", sagte der Händler Salech mit wenig Zuversicht in der Stimme. "Er geht nicht an sein Mobiltelefon."

Der Radiosender Echo Moskau berichtete, das gesamte Dach mit einer Fläche von 2.000 Quadratmetern sei zusammengebrochen. Der Moskauer Staatsanwalt Anatoli Sujew sprach von drei möglichen Ursachen: das Gewicht der Schneelast, mangelhafte Gebäudewartung oder Planungsfehler beim Bau. Seine Behörde leitete ein Strafermittlungsverfahren ein. Einen Anschlag nannte Bürgermeister Luschkow äußerst unwahrscheinlich.

Das Dach sei so konstruiert gewesen, dass es eine beträchtliche Schneedecke aushalten sollte, erklärte Luschkow. Für den Abfluss von Schmelzwasser habe es entsprechende Vorrichtungen gegeben. In der Nacht fielen nach Angaben des Wetterdienstes etwa acht Zentimeter Schnee. Das Gebäude wurde in den 70er Jahren errichtet.

Der Architekt Nodor Kantscheli entwarf auch eine Moskauer Schwimmhalle, deren Dach im Februar 2004 eingestürzt war. Damals kamen 28 Menschen ums Leben. Die Behörden machten Baufehler für den Einsturz der Schwimmhalle verantwortlich.

Bei der Besichtigung der Unglücksstelle am Donnerstag sagte Kantscheli, vermutlich habe die Schneelast das Dach zum Einsturz gebracht. Aber auch Korrosion spiele möglicherweise eine Rolle.

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