Rpboter:Willkommen bei den unechten Fräuleins

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Bei der Weltausstellung in Aichi schlägt die Stunde humanoider Roboter: Sie blasen Trompete, plaudern und sehen sehr lebendig aus.

Von Philip Wolff

Kein Besucher wird ihnen entkommen. Sie werden am Empfang stehen, das Gelände schrubben und Wache schieben. Und selbst die Bühne bevölkern sie, wenn an diesem Freitag die Weltausstellung im japanischen Aichi eröffnet wird.

Täuschend echt, oder? Robo-Frau Actroid. (Foto: Foto: AP)

Roboter sollen dann vor Publikum tanzen und erstmals auch Trompete spielen. Dafür schickt der Autohersteller Toyota 1,20 Meter große Humanoiden aufs Podium. Als gewaltige Leistungsschau künstlicher Intelligenz ist die sechsmonatige Expo angelegt. Ein Feld, auf dem Japan seine Vorherrschaft demonstrieren, aber auch um die Akzeptanz künftiger Kunden werben will.

Die Robotik ist ein gewaltiger Zukunftsmarkt. Auf 2,16 Millionen wird sich nach einer Studie der International Federation Robotics die Zahl schlauer Hilfsmaschinen in Privathaushalten bis 2006 verdreifacht haben, betrachtet man die weltweite Entwicklung seit 2003.

Täuschend menschlicher Plastikkörper

Die bereits käuflichen Bodenschrubber und Rasenmäher aber entsprechen noch lange nicht den Anforderungen der Zukunft: Sie rollen heute in Form flacher Dosen, bewehrt mit Sensoren, durch Gärten und Küchen, und können so lediglich Zusammenstöße mit Wänden und Möbeln vermeiden.

Die Empfangsdame am Counter der Expo hingegen grüßt "Konichiwa!" und kann sich dann mit dem Gast in bis zu 40.000 Phrasen unterhalten, die sie neben den passenden Gesten ihres täuschend menschlichen Plastikkörpers in vier Sprachen beherrscht.

So ähnlich wie die "Actroid" genannte Kunstfrau der japanischen Firma Kokoro und noch viel ähnlicher müssen die Roboter dem Menschen künftig werden: Sie sollen nicht nur sprechen, gehen und Trompete spielen - sondern vor allem lernen, Alltagssituationen zu erkennen, in denen ihre Hilfe gefragt ist.

In Notfällen Alarm schlagen, Kaffee servieren oder Medikamente ans Bett bringen. Dieses Forschungsziel ist keine bunte Spielerei, sondern hat einen ernsten Hintergrund.

Japan nämlich steht, wie den meisten Industrieländern, in naher Zukunft die Überalterung der Gesellschaft bevor. Nach offiziellen Prognosen werden ältere Menschen im Jahr 2015 einen Anteil von 26 Prozent der japanischen Bevölkerung ausmachen. 2050 sollen es bereits 35,7 Prozent sein.

Dann wird das Land kaum noch in der Lage sein, all seine Alten zu betreuen und zu pflegen - Maschinen sollen helfen. Die Expo bereitet darauf vor: So wenig wie die Gäste in Aichi kommen Industriegesellschaften künftig an den klugen Maschinen vorbei.

Psychologische Show?

Doch sind die Roboter bereits tatsächlich klug? Oder sind die Auftritte von Geräten, die Porträts zeichnen können, mit Erwachsenen tanzen und mit kleinen Kindern spielen, nicht eine psychologische Show, um dem Menschen die Scheu vor der Maschine zu nehmen?

So ähnlich jedenfalls sehen es die Entwickler der zwei fortschrittlichsten humanoiden Roboter: Asimo von Honda und Qrio von Sony. Zwar treten auch diese beiden Geräte zu Showeinlagen auf, tanzen, joggen, steigen Treppen und kicken Bälle.

"Doch sind wir noch weit davon entfernt, unsere Roboter in natürlicher Umgebung in einen nützlichen Dialog mit dem Menschen zu schicken", gesteht Edgar Körner, der Chef von Hondas europäischem Labor in Offenbach.

Masahiro Fujita, der das Sony-Forschungslabor in Tokio leitet, bestätigt das: "Alles, was die Maschinen zeigen, ist eine Wiedergabe von Programmen: festgelegte Handlungsabläufe in ganz bestimmten Umgebungen." Müssten sich die Maschinen dagegen abseits präparierter Showbühnen in der chaotischen Alltagswelt des Menschen zurechtfinden: Sie wären verloren.

Die Umgebung in einem Haushalt nämlich verändert sich permanent. Stühle werden verschoben. Spielsachen liegen herum. Und auch der Mensch ist in Dauerbewegung. "Dafür sind die Algorithmen heutiger Verhaltenssteuerungen noch zu unflexibel", sagt Körner.

Was die schöne neue Welt in Aichi deshalb nicht so werbewirksam vermitteln kann, sind die wahren, bislang winzigen Fortschritte in den Labors: Um nützliche Haushaltshelfer zu entwickeln, müssen die Wissenschaftler lernende Maschinen bauen, die in menschlichem Chaos zurechtkommen.

"Dazu schauen wir, wie Gehirne funktionieren. Wie Synapsen in einem Hirn müssen sich die Prozessoren nützlicher Roboter flexibel vernetzen können", sagt Fujita. Und Körner ergänzt: "Bis wir allerdings so weit sind, können noch zehn Jahre vergehen."

© SZ vom 24.3.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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