"Rita" nähert sich der Küste:New Orleans vor neuer Katastrophe

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Die Regenausläufer des nahenden Hurrikans "Rita" haben einen gerade erst notdürftig reparierten Deich wieder gebrochen. Wasser ergoss sich erneut in die Stadt. In Texas und Louisiana löste die Massenflucht vor dem Hurrikan ein Verkehrschaos aus - mindestens 24 Menschen ums Leben, als ihr Bus explodierte.

New Orleans (AP) - Die im August zerstörte Stadt New Orleans steht möglicherweise vor einer neuen Katastrophe. Durch die Regenausläufer des nahenden Hurrikans "Rita" brach am Freitag ein Deich, der nach der Flutkatastrophe vor vier Wochen notdürftig repariert worden war. Das Wasser ergoss sich in den Stadtteil Ninth Ward.

In den US-Staaten Texas und Louisiana löste die Massenflucht vor dem Hurrikan ein Verkehrschaos aus. Bei Dallas kamen mindestens 24 Menschen ums Leben, als ihr Bus explodierte. Experten schätzten, dass "Rita" am Samstag auf die amerikanische Küste treffen wird.

Hüfthohes Wasser

"Unsere schlimmsten Befürchtungen werden wahr", sagte Barry Guidry von der Nationalgarde in New Orleans. In Ninth Ward stieg das Wasser schnell, Dutzende Häuserblocks standen unter Wasser. Auf der Straße, die parallel zum auf neun Metern Länge geborstenen Deich verläuft, stand das Wasser Minuten nach dem Bruch bereits hüfthoch.

Pioniere des US-Heers waren zuvor schon fieberhaft bemüht, jene Deiche zu befestigen, die der Hurrikan Katrina vor vier Wochen beschädigt hatte. Die Suche nach noch nicht geborgenen Toten der ersten Katastrophe wurde eingestellt.

Die Gouverneurin des Staates Louisiana, Kathleen Blanco, gab jenen, die ihre Häuser nicht verlassen wollten, einen drastischen Rat: "Sie sollten sich vielleicht ihre Sozialversicherungsnummer mit wasserfester Tinte auf den Arm schreiben."

Der nahende Wirbelsturm Rita löste einen in den USA noch nie dagewesenen Flüchtlingsstrom aus. Hunderttausende Menschen in Texas und Louisiana saßen allerdings stundenlang auf den Autobahnen in Richtung Norden fest; zeitweise kam der Verkehr nur 100 Meter in der Stunde voran. Bei Dallas starben mindestens 24 Menschen, als ihr Bus in Flammen aufging. Nach Angaben der Polizei könnte von älteren Fahrgästen benutzter Sauerstoff das Feuer angefacht haben.

Rita bewegte sich weiter mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 225 Kilometern pro Stunde auf die texanische Küste zu. Neue Prognosen der Meteorologen brachten Hoffnung für die Städte Houston und Galveston, die bisher auf der Route des Hurrikans lagen. Am Freitag wurde erwartet, dass der Sturm am Samstag auf die Küste von Port O'Connor in Texas bis Morgan City in Louisiana trifft.

Am meisten gefährdet waren Beaumont und Port Arthur, zwei Städte mit Ölindustrie 120 Kilometer östlich von Houston. Es könnte eine Flutwelle von bis zu sechs Metern Höhe geben. Mindestens 90 Prozent der 58.000 Einwohner hatten Galveston bis Freitag verlassen. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa evakuierte das Raumfahrtzentrum Houston und schaltete die Computeranlagen ab. Die Steuerung der Internationalen Raumstation ISS wurde an die russische Raumfahrtorganisation übergeben.

Warnung vor Ölpest

Angesichts von 87 petrochemischen Betrieben in der Region warnten Umweltschützer vor der Gefahr einer gewaltigen Ölpest. Die Betriebe fuhren die Produktion herunter. Die Arbeiter der Ölbohrplattformen im Meer wurden an Land gebracht.

Der Direktor der Umweltorganisation Friends of the Earth, Tony Juniper, warf US-Präsident George W. Bush vor, die Augen vor der Botschaft der Natur zu verschließen. Die Häufung und zunehmende Stärke von Wirbelstürmen sei "höchstwahrscheinlich eine Folge des von Menschen verursachten Klimawandels". Es sei höchste Zeit, dass sich die Regierung dieser Bedrohung stelle. Bush wollte sich noch am Freitag selbst in Texas ein Bild von den Vorbereitungen der Nationalgarde auf Rita machen.

© SZ vom 24.9.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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