Raumfahrt:Mit Atomkraft zum Jupiter

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Ein neues Raumschiff der Nasa wird mit einem Kernreaktor durchs Sonnensystem fliegen.

Von Thomas Bührke

In acht Jahren will die amerikanische Weltraumbehörde Nasa erstmals eine interplanetare Sonde mit Atomkraft durchs All fliegen lassen. Damit würde ein neues Kapitel in der Raumfahrt beginnen. Ziel des Jupiter Icy Moons Orbiter (Jimo) sind die großen Jupiter-Monde. Vor wenigen Tagen vergab die Nasa hierfür einen Auftrag über 400 Millionen Dollar an die kalifornische Firma Northrop Grumman Space Technology.

Mit dem Anfang 2003 beschlossenen, drei Milliarden Dollar teuren Programm "Prometheus" will die Nasa verstärkt in Raumsonden Kernenergie nutzen. Seit 30 Jahren setzt sie bereits so genannte Radioisotopen-Batterien ein. Hier entsteht durch den natürlichen Zerfall Wärme, die in elektrischen Strom umgewandelt wird. Doch nun sollen erheblich leistungsstärkere Atomreaktoren zum Einsatz kommen.

Der Kern eines bis zu 150 Kilogramm schweren Uran-235-Reaktors könnte bis zu 100.000 Watt Leistung erbringen. Das ist ein Vielfaches dessen, was Solarzellen erzeugen, insbesondere wenn eine Sonde weit entfernt von der Sonne fliegt. Die bislang effektivsten Solarzellen auf Europas Kometensonde Rosetta würden in der Nähe des Jupiter nur 400 Watt liefern.

Die vergleichsweise gewaltige Leistung eines Atomreaktors will die Nasa auf Jimo sowohl für den Betrieb der wissenschaftlichen Instrumente und die Datenübertragung zur Erde als auch für den Antrieb mit einem Ionentriebwerk nutzen. Hierbei entreißt man den Atomen eines Gases ihre Elektronen, wodurch sie zu positiv geladenen Ionen werden.

Ungewöhnlicher Antrieb, ungewöhnliche Konstruktion

Ein elektrisches Feld beschleunigt die Teilchen, die dadurch einen Rückstoß ausüben. Ionentriebwerke liefern nur einen geringen Schub, können aber bei langer Brenndauer eine Sonde auf sehr hohe Endgeschwindigkeiten bringen.

Der ungewöhnliche Antrieb erfordert auch eine ungewöhnliche Konstruktion. Damit Strahlung des Reaktors die empfindlichen Messinstrumente nicht stören kann, sitzen diese beiden Komponenten an zwei Enden des Schiffs. Dazwischen erstreckt sich ein zwanzig Meter langes Gerüst mit breiten Lamellen. Diese sollen den Wärme erzeugenden Reaktor kühlen. Der gesamte Kühlteil ist beim Start zusammengefaltet und dehnt sich erst im Flug zu seiner vollen Größe aus.

Nach derzeitigen Plänen würde zunächst eine normale Rakete Jimo ins All bringen. In sicherer Entfernung zur Erde soll sich dann erst der Atomreaktor einschalten und den Strom für die Triebwerke liefern. Wenn die Sonde nach etwa fünf Jahren Jupiter erreicht hat, dreht sie, bremst und schwenkt in eine Umlaufbahn um den Mond Kallisto ein.

In den folgenden zwei Jahren soll Jimo mit seinem Ionentriebwerk die Monde Ganymed und Europa anfliegen. Insbesondere Europa ist für die Planetenforscher von Interesse, weil sie unter dessen Eiskruste einen Ozean aus Wasser vermuten. Mit einem Radar wollen die Wissenschaftler das Innere dieses Mondes erkunden und seine Oberfläche abtasten.

Die Nasa verweist darauf, dass sie bereits in 17 Sonden Radioisotopen-Batterien verwendet hat, zuletzt in der Saturnsonde Cassini. Ein Reaktor wurde bislang jedoch erst einmal im Jahre 1965 eingesetzt. Nach Nasa-Aussagen ist das radioaktive Material so gut verkapselt, dass es bei einem Fehlstart oder beim Verglühen der Sonde nicht in die Atmosphäre gelangen kann. Bei zwei Unfällen in den Jahren 1968 und 1970 hat sich dies bewahrheitet. Für Jimo hat die Nasa jedoch zusätzlich eine Expertenkommission eingesetzt. Diese wird einen Bericht an das Weiße Haus liefern, das dem Start zustimmen muss.

© SZ vom 24.9.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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