Rauchen:Mit dem Handy gegen die Sucht

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Wer Lust auf eine Zigarette verspürt, bei dem läuft eine innere Show ab. Ein Flackern auf dem Bildschirm von Mobiltelefonen soll dieses Verlangen nach Nikotin dämpfen.

Von Christopher Schrader

Wenn sich Raucher nach der nächsten Zigarette sehnen, läuft eine Show der Sinne in ihrem Kopf ab, sagt Jon May. Sie stellen sich Wahrnehmungen vor wie den Geschmack des ersten Zugs, den Duft des Tabaks, das Gefühl des Papiers der Hülle an den Fingern, den Rauch, wie er von der Glut nach oben kräuselt, und wie sie selbst entspannt auf dem Stuhl sitzen.

Jon May, Psychologe von der Universität im englischen Sheffield muss es wissen: Er hat Raucher befragt, wie sich das so genannte Craving anfühlt, wie Suchtforscher das Verlangen nach einer Droge nennen. "Viele Beschreibungen haben etwas mit der Belohnung oder dem Gefühl der Erleichterung zu tun, das vom Gebrauch der Substanz erwartet wird."

Diese innere Show will May nun gezielt stören - wenn es technisch möglich ist auch mit dem Handy oder einem Klein-Computer, wie er vor kurzem auf dem britischen Wissenschafts-Festival in Salford sagte. Um eine Methode zu entwickeln, hat er Versuche mit verschiedenen Gruppen von Rauchern gemacht: Die einen bat er vom Aufstehen bei zum Besuch in seinem Labor, nicht zu rauchen.

Dort angekommen sollten sie sich Szenen bildhaft vorstellen, wie zum Beispiel "ein Tennismatch". Vor, während und nach dieser Aufgabe baten die Forscher ihre Versuchspersonen, ihr Verlangen nach einer Zigarette zu bewerten.

Suchtfaktor sinkt

Das Craving fiel nach einer Minute der Konzentration auf die inneren Bilder und lag am Ende sogar tiefer als bei einer Vergleichsgruppe von Rauchern, die ihr Verhalten am Testtag nicht geändert hatten. May hat allerdings nicht erforscht, ob Raucher mit seiner Strategie auf Dauer die Zahl der gerauchten Zigaretten reduzieren oder gar aufhören können.

Der Psychologe erprobt aber bereits eine Methode für Raucher, die sich nicht auf ihre Phantasie verlassen möchten. Wer schwarze und weiße Quadrate betrachte, die schnell über einen Bildschirm flackern, verliere sein Craving fast so effektiv wie jemand, der sich auf innere Bilder konzentriert, sagt er.

Die flackernden Quadrate wirken wie optisches Rauschen, sie stören das Gehirn nach Mays Deutung dabei, die Show der Sinne zu inszenieren oder aufrecht zu erhalten; das Verlangen nach der Droge sinke darum. "Die Punkte scheinen die Verbindung zwischen der Vorstellung und der Belohnung zu brechen", sagte May der BBC.

Ein Handy oder Kleincomputer, auf dem die Quadrate aufblitzen würden, "bräuchte eine vernünftige Auflösung des Bildschirms", sagte May auf dem Wissenschafts-Festival. "Aber man könnte sich vorstellen, dass es künftig statt eines Knopfs, mit dem man das Spiel Tetris startet, einen Stopp-Dein-Verlangen-Knopf gibt."

© SZ vom 17.9.2003 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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