Rätselhaftes Krötensterben:Explosive Liebeswerber

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In Hamburg sind binnen weniger Tage fast 1000 Erdkröten verendet. Spaziergänger behaupten, sie haben sie einfach platzen gesehen.

Von Marten Rolff

Die Kröte ist bekannt als ein Tier, das seinen Kehlsack auf imposante Größe aufzupumpen vermag, um laute Balzlaute auszustoßen. Nicht bekannt war bisher allerdings, dass die Amphibien dabei platzen können. Genau das aber wollen Spaziergänger an einem Weiher in Hamburg-Altona beobachtet haben.

Warum platzen sie? Liegt es an der zu schweren Last? (Foto: Foto: ddp)

Die Tiere, so sagen sie, hätten sich aufgeblasen wie Ballons und seien dann unter entsetzlichem Gequake explodiert.

Ob Kröten nun wirklich zu Tode platzen können, ist strittig, Fakt aber ist: Binnen weniger Tage sind an dem See bis zu tausend Erdkröten verendet.

Das rätselhafte Krötensterben beschäftigt seit Wochen Umweltexperten und Veterinäre der Hamburger Behörden. Eine Erklärung für den Massen exitus haben sie bislang trotz umfangreicher Studien nicht gefunden.

Einige Boulevardzeitungen schreiben vom "Todestümpel", weil eine Vergiftung des Weihers als Ursache für das Sterben nahe liegend scheint.

Werner Smolnik vom Hamburger Naturschutzbund, der den Krötenalarm ausgelöst hatte, hängt einer anderen Theorie an: Ein seltener Pilz, übertragen durch ausländische Pferde und herübergetragen von der nahen Trabrennbahn, habe die Amphibien befallen; ähnliche Fälle kennt Smolnik aus Südamerika.

Der Altonaer Amtstierarzt Otto Horst vermutet indes Fremdeinwirkung. Ihm zufolge haben sich die Kröten in Panik aufgebläht, weil Krähen wie die Adler des Prometheus auf sie niederstießen, um ihnen die Leber herauszupicken. Das Gutachten eines Amphibien-Experten aus Berlin soll diese Version des Krötentodes belegen.

Im Hamburger Institut für Hygiene und Umwelt, das die Untersuchungen leitet, ist man vorsichtig: "Wir hängen keiner Theorie an, bisher gibt es kein Ergebnis", sagt Tierärztin Anke Himmelreich. Ausschließen könne sie eine bakterielle Infektion, auch ein Pilz sei nicht gefunden worden. Ebenfalls negativ verliefen Wasseranalysen und biologische Tests im Teich, in dem man eigens Wasserflöhe und Guppys aussetzen ließ.

Auffällig findet Himmelreich, dass jedes der von ihr obduzierten Tiere "einen Einschnitt" aufweist, und meist "fehlt alles bis auf das Herz", sagt die Veterinärin. Es sei möglich, dass die Kröten nach einer Attacke noch weitergelebt hätten und mit Wasser voll gelaufen seien.

Ihr Anschwellen sowie herumliegende Eingeweide könnten Beobachter zu der Annahme veranlasst haben, die Kröten seien geplatzt. Himmelreich hält deshalb "die Krähentheorie für gar nicht so abwegig". Die Vögel würden sogar gelegentlich Lämmer töten. Sicher sei aber nichts.

Derzeit wartet das Institut die Ergebnisse der Gewebeanalysen der Erdkröten ab. "Aber davon", sagt Anke Himmelreich, "versprechen wir uns nicht viel". Das rätselhafte Krötensterben bleibe vorerst wohl ungelöst.

© SZ vom 27.4.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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