Raab-Interview:"Einfach nur Quatsch"

Lesezeit: 4 min

Stefan Raab über Musik-Diven und sein Show-Konzept

Interview: Hans Hoff

Stefan Raab, 38, wird am Montag die irische Band U2 mit ihrem ersten Live-Auftritt im deutschen Fernsehen zu Gast haben (TV total, Pro Sieben, 22.50 Uhr). Bono, The Edge, Adam Clayton und Larry Mullen jr. stellen ihren Song City Of Blinding Lights vor und plaudern mit dem Gastgeber. Auf dessen Couch hatten sich erst am Dienstag die Brit-Rocker von Oasis gedrängelt, um auf reichlich belanglose "Wie geht's denn so"-Fragen des Moderators überwiegend unverständliche Antworten zu murmeln.

Raab bei seinem Tennis-Match mit Boris Becker (Foto: Foto: dpa)

SZ: Herr Raab, wie viele Sekunden haben Sie sich auf das Oasis-Interview vorbereitet?

Stefan Raab: Gar nicht, wie ich das immer mache. Ich weiß ja eh alles. Es geht bei uns nur darum, ein atmosphärisches Gespräch zu führen, und das ist, wie ich finde, durchaus gelungen. Man hat die Oasis-Haltung in der Sendung wiedergefunden. Ehrlich gesagt: Viel mehr hätte ich bei dem Dialekt, den die sprechen, sowieso nicht verstanden. Es kam halt diese genügsame Oasis-Haltung rüber, dieses "eigentlich müssen wir nicht hier sein". Die Band war auf jeden Fall sehr zufrieden, denen hat das Spaß gemacht.

SZ: Was reden Sie am Montag mit Bono von U2?

Raab: Ich weiß noch nicht. Ich frage ihn erst einmal, ob es ihm gut geht und was er so macht. Für die musikalisch kritische Auseinandersetzung gibt es Spex.

SZ: Die Interviews sind also nur die Ergänzung zum Auftritt?

Raab: Ehrlich gesagt will ich von einer Band mehr als Musik nicht wirklich wissen. Wenn sich atmosphärisch mehr ergibt, ist das gut. Wenn ich mit Tennisschlägern Schlagzeug spiele und Billy Idol singt dazu, dann hat das auch keinen intellektuellen Tiefgang, aber darum geht es ja auch nicht.

SZ: Sie bringen Musik sozusagen zurück auf die Basics?

Raab: Eigentlich verdient es Musik nicht, kritisiert zu werden, weil es doch sehr stark Geschmackssache ist. Ich gehe davon aus, dass einer, der was macht, das auch gut findet. Ob das ein anderer schlecht findet, ist dann dessen Problem.

SZ: Wie erklären Sie sich, dass all diese großen Bands zu Ihnen kommen?

Raab: Die dürfen bei uns, so oft sie wollen, "fuck you" sagen. Eminem hat zwei komplette Auftritte bei uns nur mit solchen Ausdrücken bestritten. Außerdem wirkt sich das in der Regel auf die Verkaufszahlen der Bands ziemlich gut aus. Ganz wichtig ist aber, dass bei uns live gespielt wird. Viele Bands würden bei uns nicht auftreten, wenn sie nicht live spielen könnten. Wer einmal bei uns gespielt hat, der kommt wieder, weil wir uns wirklich kümmern und weil die Bands merken, dass wir uns nicht so furchtbar ernst nehmen. Bei uns kann man sich auch auf die Couch setzen und einfach nur Quatsch machen.

SZ: Sie sind jetzt nach Wetten, dass..? im ZDF die erste Adresse für Musik im Fernsehen.

Raab: Eigentlich sind wir vor Wetten, dass..? die erste Adresse, weil ich bei Wetten, dass..? noch nicht viele Leute habe live spielen sehen. Wenn wir von Musik im Sinne von Musik sprechen, dann sind wir eindeutig die erste Adresse. Bei uns ist alles live, und wenn du das nicht kannst, dann spielst du auch nicht bei uns.

SZ: Wie macht sich die Musik im Quotenverlauf bemerkbar?

Raab: Wie immer. Die Leute schalten ab. Aber das nehme ich gerne in Kauf. Man muss die Größe haben, für fünf Minuten eine kleine Delle hinnehmen zu können. Die wird aber meist wieder ausgeglichen, wenn die Bands auf der Couch sitzen.

SZ: Ihr persönliches Highlight?

Raab: Das war James Brown, der Held meiner Jugend. Einmal habe ich mit ihm auf der Ukulele I Feel Good gespielt bei einem Interview in Ingolstadt, und dann war er noch mal bei uns in der Show. Ich finde immer gut, wenn Künstler, die als Diven gelten, sich die Gelassenheit nehmen, mit mir zu musizieren.

SZ: Wer hat die Idee dazu?

Raab: Oft die Künstler. Elton John hatte das von Ronan Keating gehört. Der war vorher bei uns in der Show und hat dann zu Elton John gesagt: Du musst zu Raab gehen, mit dem kannst du jeden Scheiß machen. Da kam dann eine entsprechende Anfrage vom Management, und ich habe dann vorgeschlagen, gemeinsam Maschendrahtzaun zu singen. Ich kenne keine andere Show im deutschen Fernsehen, bei der das geht. Bei Wetten, dass..? bekommen die Künstler immer die mit dem Management vereinbarten Fragen gestellt, und das war's dann.

SZ: Und das machen alle mit?

Raab: Ich bin da rigoros. Wir hatten mal die Abmachung mit Dido, dass sie mit unserer Band im Studio spielt. Dann entschied sie mittags plötzlich, dass sie nur mit ihrem Gitarristen singen wolle, was wir zu langweilig fanden. Dann habe ich sehr freundlich und entspannt gesagt: "Entweder sie spielt mit der Band, oder ich spiele abends ihr Lied." Dann ist sie gegangen, was ich sehr konsequent fand und sehr respektiere, und ich habe dann abends mit Perücke ihren Song gesungen. Die Plattenfirma hat dann berichtet, dass das einen sehr großen Promotion-Effekt gehabt hat.

SZ: Sie sind für die Plattenfirmen eine gewichtige Adresse. Man küsst Ihnen quasi die Füße.

Raab: Erst einmal mag ich es nicht, wenn man mir die Füße küsst, zweitens möchte ich das keinem zumuten, und drittens finde ich einfach, dass Musik so eine Live-Plattform verdient hat.

SZ: Letzte Frage: Werden Sie noch mal Englisch-Unterricht nehmen?

Raab: Haben Sie den Eindruck, mein Englisch sei so schlecht?

SZ: Na ja, wenn Sie so atmosphärisch mit Oasis reden...

Raab: Ich finde, es reicht. Ich spreche immerhin deutlich besser englisch als die meisten unserer Künstler deutsch.

© SZ vom 11.6.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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