Prozess in Magdeburg:Tagesmütter streiten schwere Misshandlung von Kleinkindern ab

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Sie sollen Kindern Klopapier in den Mund gestopft, feuchte Windeln aufs Gesicht gedrückt und sie geschlagen haben: Wegen der Misshandlung Schutzbefohlener stehen zwei Tagesmütter in Sachsen-Anhalt vor Gericht. Die beiden Frauen, Mutter und Tochter, streiten die Vorwürfe allerdings ab.

Zwei Tagesmütter haben zum Prozessauftakt vor dem Magdeburger Landgericht die Misshandlung von Kindern bestritten. "Das stimmt nicht", sagte die 52 Jahre alte Angeklagte am Donnerstag zu dem Vorwurf, sie hätten Kinder geschlagen und gequält. Auch ihre 28 Jahre alte Tochter, mit der zusammen sie eine private Kindertagespflege in Magdeburg betrieben hatte, stritt die Vorwürfe ab. Es habe ein konsequentes, aber kein strenges Erziehungskonzept gegeben, sagte sie.

Die beiden Frauen sind wegen Misshandlung Schutzbefohlener, Verletzung der Fürsorgepflicht und Nötigung angeklagt. In den Jahren 2010 und 2011 sollen sie der Anklage zufolge in ihrer Einrichtung die Kinder geschlagen und ihnen Toilettenpapier in den Mund gestopft haben, damit sie still waren.

Zudem sollen sie die Kinder gezwungen haben, ihr Erbrochenes zu essen, und ihnen nasse Windeln aufs Gesicht gedrückt haben. Sie hätten die Kinder am Hals aus ihren Stühlchen gezogen und von oben ins Kinderbett geworfen. Dabei hätten die Frauen lebensbedrohliche Situationen wie Schädelbrüche oder Erstickungsgefahr billigend in Kauf genommen, so die Staatsanwaltschaft.

Berufsverbot und bis zu 15 Jahre Haft

Bis heute leiden einige Kinder der Anklage zufolge unter den Folgen der Misshandlung. Sie seien verängstigt, hätten Schlafstörungen oder panische Angst vor dem Töpfchen. Insgesamt werden den Frauen 89 Straftaten zwischen Juni 2009 und Oktober 2011 vorgeworfen.

Die Staatsanwaltschaft hat ein Berufsverbot für die beiden Tagesmütter beantragt. Noch bis vor kurzem hatten diese Kinder betreut, ehemalige Mitarbeiterinnen hatten den Fall ins Rollen gebracht. Bei einer Verurteilung drohen den beiden Angeklagten nach Angaben eines Gerichtssprechers bis zu 15 Jahre Haft. Mit einem Urteil wird im Oktober gerechnet.

Die betroffenen Kinder könnten nicht vernommen werden, sagte der Sprecher vor Prozessbeginn. Sie seien damals erst zwischen einem Jahr und drei Jahren alt gewesen. Stattdessen sollen ehemalige Mitarbeiter der Kindertagespflege sowie Vertreter des Jugendamts als Zeugen gehört werden. Zehn Prozesstage sind angesetzt, insgesamt sollen 35 Zeugen aussagen.

© dpa/AFPP/sebi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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