Prozess in Cottbus:Gemordet wie gespielt

Ein 19-Jähriger muss neun Jahre ins Gefängnis, weil er einen Menschen brutal zu Tode getreten hat- so wie er es zuvor in einem Gewaltspiel am Computer geübt hatte. Der Staatsanwalt sprach von einem Präzedenzfall.

Der junge Mann hatte am 10. Juli das Gesicht eines Obdachlosen mit Faustschlägen und Fußtritten zertrümmert. Das Opfer erlag seinen Verletzungen. Der Angeklagte gestand die Tat, beteuerte jedoch, dass er den Obdachlosen nicht töten wollte.

Szene aus dem Spiel "SmackDown versus Raw 2006" (Foto: Screenshot: sueddeutsche.de)

Der Täter imitierte laut Selbstauskunft Aktionen aus einem Killerspiel, das er zuvor stundenlang gespielt hatte. Bei dem "Playsation"-Spiel mit dem Titel "SmackDown versus Raw 2006" handelt es sich um kein so genanntes Ballerspiel.

Der Benutzer taucht vielmehr in die Welt des besonders in den USA populären Wrestlings ein - und kann die Kämpfe nachspielen - inklusive brutalen Schlägen und Fußtritten auf Körper und Kopf des Gegners.

Auf die gleiche Weise soll der junge Angeklagte den 51 Jahre alten Obdachlosen getötet haben. Der Ulmer Hirnforscher Manfred Spitzer schloss als Gutachter einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Spiel und der Tat des Angeklagten nicht aus. Der Staatsanwalt wertete den Mord nach dem Computerspiel als Präzedenzfall.

Der Beschuldigte sei trotz Alkoholkonsums zur Tatzeit voll schuld- und steuerungsfähig gewesen, hieß es im Plädoyer der Staatsanwaltschaft. Auch das Spielen des Gewaltvideospieles kurz vor der Tat mindere die Schuld nicht.

Als Motiv hatte der Beschuldigte Frust über Niederlagen in dem Spiel angegeben.

Das Cottbuser Landgericht verurteilte den Angeklagten zu einer Jugendstrafe von neun Jahren und drei Monaten. Die Jugendstrafkammer sah es als erwiesen an, dass der beschuldigte 19-Jährige den Obdachlosen heimtückisch ermordet hat.

"Wir können nicht von der Hand weisen, dass das Spielen dieses Videospieles Einfluss auf die Tat hatte", sagte die Vorsitzende Richterin Sigrun von Hasseln.

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