Prozess in Bochum:Schwerverbrecher gibt Heroinkonsum zu

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Der Gladbecker Geiselgangster, der lebenslang im Gefängnis sitzt, bezeichnet sich als psychisch krank und heroinabhängig. Die Haft nehme ihm die Perspektive.

Er ist geständig, aber wenig fügsam: Der zu lebenslanger Haft verurteilte Gladbecker Geiselgangster Hans-Jürgen Rösner hat vor Gericht den Besitz von Heroin zwar gestanden. Allerdings erhebt er schwere Vorwürfe gegen den Anstaltsleiter. Dieser habe ihn von Anfang an "gefressen gehabt" und dafür gesorgt, dass er keine Perspektive mehr habe. Der Schwerbrecher bezeichnete sich zum Prozessauftakt in Bochum selbst als abhängig. Er leide seit einiger Zeit unter psychischen Problemen. Im Falle einer Verurteilung könnte sich sein frühest möglicher Entlassungstermin im Jahr 2016 nach hinten verschieben.

Weil er psychische Probleme habe, greife er zu Heroin. Das hat der Gladbecker Geiselgangster Hans-Jürgen Rösner jetzt vor Gericht behauptet. (Foto: Foto: ddp)

Rösner sitzt lebenslang

Rösner verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe, weil er mit seinem Komplizen Dieter Degowski 1988 eine Bank in Gladbeck überfallen und mehrere Geiseln genommen hatte. Zwei von ihnen wurden auf der fast dreitägigen Flucht erschossen. Der Fall hatte die Bundesrepublik in Atem gehalten.

Der Geiselgangster wurde unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen in das Bochumer Amtsgericht geführt. Er erklärte, Heroin in seiner Zelle aufbewahrt und selbst konsumiert zu haben. Er habe einen Mithäftling getroffen, der ihn gebeten habe, für ihn etwas zu bunkern. ""Ich habe das gemacht, weil ich dafür auch Stoff gekriegt habe", sagte der 52-Jährige.

Drogenkonsum aus Hoffnungslosigkeit

Der Grund für seinen Drogenkonsum sei die "lange Haft, die ich hinter mir habe, und die lange Haft, die ich vor mir habe". Er habe keine Perspektive und sei hoffnungslos, betonte er. Obwohl er dem Anstaltsleiter schon mehrfach von seinen psychischen Problemen erzählt habe, habe er keine Hilfe bekommen. "Der Anstaltsleiter hat mich von Anfang an gefressen. Wenn es nach ihm ginge, würde er mich in den tiefsten Keller einsperren", beschwerte sich der 52-Jährige.

Der Leiter der Justizvollzugsanstalt Bochum, Henning Köster, erklärte dagegen, Rösner habe lediglich ein Mal, nämlich am Abend nach dem Drogenfund, von psychischen Probleme gesprochen. Dies sei zudem wenig glaubwürdig gewesen. "Und ich traue mir zu, das zu beurteilen", erklärte er vor Gericht.

Rösners Verteidiger kritisierte, dass die Sicherheits- und Disziplinarmaßnahmen, die nach dem Drogenfund vom 25. März angeordnet wurden, ungewöhnlich hart ausfielen: Seit Ende März darf Rösner Besucher demnach nur noch hinter einer Glasscheibe empfangen. Auch sei die Ausstattung seiner Zelle eingeschränkt und eine mehrwöchige Arbeitssperre verhängt worden.

Wohl noch ein Jahr Gefängnis

Sollte Rösner wegen des Heroins in seiner Zelle erneut verurteilt werden, könnte ihm ein weiteres Jahr Haft drohen. Auch die Chance, nach Ablauf der regulären Haftstrafe frei zu kommen, würde sich verschlechtern. Für Rösner ist nach der Haftentlassung Sicherungsverwahrung angeordnet, die aber zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Rösners Antrag, die Mindestverbüßungsdauer von 26 Jahren auf 24 Jahre herabzusetzen, ist Anfang 2004 vom Oberlandesgericht Hamm abgewiesen worden.

Rösner und Degowski sind für die spektakulärste Geiselnahme der deutschen Kriminalgeschichte verantwortlich: Am 16. August 1988 überfielen die beiden eine Bank in Gladbeck, nahmen zwei Angestellte als Geiseln und starteten mit einem erpressten Fluchtwagen eine ziellose Flucht. Am zweiten Tag brachten sie in Bremen einen Linienbus mit mehr als 30 Menschen in ihre Gewalt.

Bei einem Halt an einer Autobahnraststätte nahmen Polizisten Rösners Freundin fest. Daraufhin erschoss Degowski einen 15-jährigen Italiener im Bus. Einen Tag später starb die Geisel Silke Bischof, als ein Spezialeinsatzkommando der Polizei die Geiselnahme auf der Autobahn Köln-Frankfurt bei Bad Honnef beendete. Eine Kugel aus der Waffe Rösners traf die 18-Jährige tödlich.

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