Prostitution in Wohngebieten:Kein Skandal im Sperrbezirk

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Städte dürfen Prostitution in Wohngebieten verbieten - allerdings nicht aus Gründen der Sittenwidrigkeit, urteilt das Verfassungsgericht.

Helmut Kerscher

Der juristische Begriff des Sperrbezirks ist spätestens seit dem Hit der Münchner Spider Murphy Gang über Rosi und den "Skandal im Sperrbezirk" weithin bekannt. Nun hat sich auch das Bundesverfassungsgericht ausführlich mit solchen prostitutionsfreien Zonen beschäftigt und diese im Kern gebilligt.

Sperrbezirke gegen Prostitution sind rechtens: Das Bundesverfassungsgericht hat nun entschieden, dass der Schutz der Jugend den Eingriff in die Berufsfreiheit rechtfertigt. (Foto: Foto: Reuters)

Sperrbezirksverordnungen könnten durch die besondere Schutzbedürftigkeit eines Gebiets gerechtfertigt sein, hieß es. Als Kriterien nannte das Gericht einen hohen Wohnanteil, Schulen, Kindergärten, Kirchen und soziale Einrichtungen. Solche Gebiete wären durch die Prostitution von einer "milieubedingten Unruhe" betroffen. Das Gericht nahm eine Verfassungsbeschwerde gegen die Mannheimer Sperrbezirksverordnung nicht zur Entscheidung an.

Ein Mann wollte eine Wohnung zur Prostitution nutzen, bekam dafür aber keine Genehmigung. Er klagte daraufhin unter anderem mit der Begründung, dass Prostitution durch ein Gesetz seit 2001 vom Makel der Sittenwidrigkeit befreit sei. Damit seien die Grundlagen für Sperrbezirksverordnungen verfassungswidrig und nichtig. Das sahen die angerufenen Verwaltungsgerichte und das Bundesverfassungsgericht anders.

Die Prostitution sei nach heutiger Rechtslage zwar nicht mehr sittenwidrig, darum gehe es hier aber gar nicht. Das dem Verbot zugrundeliegende Gesetz diene nicht allein der Durchsetzung von verschiedenen Moralvorstellungen. Nach der Rechtssprechung ziele das Gesetz vielmehr auf die Abwehr von Gefahren und auf die Ordnung des Zusammenlebens der Menschen, soweit ihr Verhalten das Allgemeinwohl beeinträchtigen könne. So könnten "Handlungen und Zustände, die eine enge Beziehung zum Geschlechtsleben haben", Dritte erheblich belästigen.

Das angegriffene Gesetz verletzt laut Verfassungsgericht weder das "Gebot der Normenklarheit und Widerspruchsfreiheit" noch Grundrechte von Betroffenen. Es schränke zwar die Berufsausübung von Prostituierten und anderen Personen ein. Dies sei aber gerechtfertigt, weil das Verbot sowohl dem "Schutz der Jugend" als auch dem "Schutz des öffentlichen Anstandes" diene.

Das Gericht räumte ein, dass die Wohnungsprostitution häufig deutlich weniger wahrnehmbar sei als die Straßen- und die Bordellprostitution. Gleichwohl könnten Belästigungen der Anwohner, etwa durch das Anfahren und Abfahren der Freier, nicht ausgeschlossen werden. (Az: 1 BvR 224/07)

© SZ vom 20.5.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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