Prag:Ehekrach statt Entführung

Lesezeit: 1 min

Eine russische Maschine muss in Tschechien notlanden, doch der vermeintliche Entführer entpuppt sich als randalierender Ehemann.

Klaus Brill

Erst wirkte es wie eine Flugzeugentführung, doch dann entpuppte sich die Affäre als Ehekrach, der im Amoklauf eines Betrunkenen endete. Ein tobsüchtiger Passagier hat am Donnerstag in einer Maschine der russischen Fluggesellschaft Aeroflot während des Fluges ein derart bedrohliches Durcheinander verursacht, dass der Kapitän eine Notlandung in Prag einleitete.

Nach Angaben der tschechischen Polizei wurde der Störenfried von mitreisenden Passagieren überwältigt und bei der Landung der Polizei übergeben. Bei dem Täter handelt es sich offenbar um einen russischen Staatsangehörigen, dessen Identität zunächst nicht bekanntgegeben wurde. Lesch Koschljakow, der stellvertretende Chef der Fluggesellschaft Aeroflot, nannte den Vorgang ,,einen Fall von Rowdytum''.

Die Aeroflot-Maschine vom Typ Airbus A-321 befand sich am Donnerstagvormittag mit 168 Passagieren auf dem Flug von Moskau nach Genf, als der Kapitän über Funk der Bodenkontrolle einen Notstand an Bord signalisierte und um eine außerplanmäßige Landung in Prag ersuchte. Dort ging das Flugzeug dann um 10.42 Uhr auf dem Flughafen Ruzyne nieder, wo nicht nur die Polizei, sondern auch Sondereinsatzgruppen der Feuerwehr und Sanitätskräfte warteten.

Die tschechische Nachrichtenagentur CTK meldete mit Berufung auf den Aeroflot-Sprecher Viktor Sokolov später, der betrunkene Passagier habe während des Fluges eine Rauferei mit anderen Reisen-den angefangen und dann mit einer Beschädigung des Flugzeugs gedroht sowie eine Änderung der Flugroute verlangt. Laut Berichten tschechischer Medien stand am Anfang ein Streit des Mannes mit seiner Frau, der dann extrem eskalierte. Nach anderen Angaben erklärte der Täter auch, er führe eine Bombe mit sich.

Ähnliche Vorfälle

Daraufhin habe die Crew vorschriftsmäßig um eine Notlandung er-sucht. Passagiere und Besatzungsmitglieder konnten den Tobsüchtigen offenbar gemeinsam durch gutes Zureden beruhigen. Es wurde niemand verletzt, alle Passa-giere waren nach Angaben des Aeroflot-Sprechers ,,bei guter Gesundheit'' und verließen das Flugzeug in Prag für einen Zwischenaufenthalt.

Nach der Landung wurde der Übeltäter von der Polizei verhört, ohne dass über das Ergebnis etwas bekannt wurde. Einen terroristischen Hintergrund schließen die tschechischen Sicherheitsbehörden aus.

Ähnliche Zwischenfälle hatte es seit 1989 in Tschechien mehrmals gegeben. 1991 entführte ein 17-Jähriger ein Flugzeug mit 30 Menschen an Bord auf dem Weg von Bratislava nach Prag. Er verlangte eine Million deutsche Mark und gab nach 16 Stunden auf. 1999 brachte ein Libanese eine Lufthansa-Maschine auf dem Weg von Prag nach Düsseldorf in seine Gewalt, er wurde von der deutschen Polizei festgenommen.

© SZ vom 29. 12. 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: