Polen:Dach von Messehalle eingestürzt, mindestens 60 Tote

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Vermutlich unter der Last einer dicken Schneedecke ist das Dach einer Messehalle im oberschlesischen Kattowitz zusammengebrochen. In der Halle waren etwa 500 bis 1000 Menschen. Unter den Opfern sind auch Deutsche.

Beim Einsturz des Daches einer Messehalle im oberschlesischen Kattowitz sind am Samstagabend mindestens 60 Menschen ums Leben gekommen. Unter den Opfern der Katastrophe seien Deutsche, Belgier und Tschechen, sagte ein Sprecher der Feuerwehr am Sonntagmorgen. Zahlreiche Opfer seien noch nicht identifiziert.

Helfer vor der eingestürzten Halle (Foto: Foto: dpa)

"Die Zahl der Opfer wird noch steigen", fügte er hinzu. "Die ganze Zeit gibt es neue Berichte über Tote, und wir konnten noch nicht an alle Orte vordringen, an denen noch Menschen sind." Vor allem in der Hallenmitte, wo das Dach am Samstag um 17.15 direkt auf den Boden der Messehalle stürzte, dürfte so gut wie niemand überlebt haben.

Spürhunde suchten nach Überlebenden, konnten aber niemanden finden. In 16 Krankenhäusern Oberschlesiens wurden 141 Verletzte behandelt, viele mit Kopf- und Wirbelsäulenverletzungen. Bei Temperaturen von minus 15 Grad wurden die Rettungsarbeiten zum Wettlauf gegen die Zeit. Mit jeder Stunde sinke die Chance, Überlebende zu finden, sagte Andrzej Kuszewski, der Leiter des Bergbaurettungswesens, im Nachrichtensender TVN 24.

Die Retter konnten kein schweres Gerät einsetzen, da dies die Überlebenschancen der unter den Stahlbalken in der Falle sitzenden Menschen gefährden könnte. Auch Heißluft konnte nicht zu den Eingeschlossenen geblasen werden, da die Rettungskräfte befürchteten, dies könne zu weiteren Einstürzen führen.

"Eine solche Katastrophe hat es in Polen noch nicht gegeben", sagte Andrzej Urbanski, der Leiter der polnischen Präsidentenkanzlei, in der Nacht zum Sonntag vor Journalisten in Kattowitz. Zum Zeitpunkt des Unglücks sollen 500 bis 1000 Menschen während einer Brieftaubenschau in der Halle gewesen sein.

Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz eilte noch am späten Samstagabend zum Unglücksort und versprach schnelle und unbürokratische Hilfe für die Opfer. Staatspräsident Lech Kaczynski ordnete Staatstrauer an. Eine Sonderkommission soll die Unglücksursache ermitteln. Auch die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf.

Angehörige der Messebesucher kamen ebenso zum Unglücksort wie hunderte von Rettungskräften und freiwilligen Helfern. Einigen gelang es, per Mobiltelefon Kontakt mit den Eingeschlossenen aufzunehmen. "Eines unserer größten Probleme ist die Kälte", sagte Jaroslaw Wojtasik, Sprecher der Feuerwehr in Kattowitz.

Auf der internationalen Messe "Taube 2006", die noch bis Sonntag dauern sollte, stellten nach Veranstalterangaben auch Brieftaubenzüchter aus Deutschland, Belgien, den Niederlanden und der Ukraine aus. Die Messe hat jedes Jahr mehr als 12.000 Besucher. Die eingestürzte Halle ist mit einer Länge von 150 Metern die größte auf dem Kattowitzer Messegelände.

Das Unglück erinnert an die Tragödie im bayerischen Bad Reichenhall am 2. Januar. Als das schneebedeckte Dach der Eissporthalle einbrach, kamen dort 15 Menschen ums Leben. In den vergangenen Tagen hatte es in Polen bereits mehrere Fälle gegeben, in denen Dächer von Supermärkten oder Einkaufszentren unter dem Druck der Schneedecke nachgaben. In diesen Fällen wurde die Gefahr jedoch rechtzeitig bemerkt, und die Gebäude konnten rechtzeitig evakuiert werden.

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