Pascal-Prozess:Angeklagter wirft Polizei Misshandlung vor

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Er sei bei seiner Vernehmung geschlagen, geschüttelt und gedemütigt worden und habe aus Angst vor Quälereien Lügen erfunden, ließ der Beschuldigte über seinen Verteidiger erklären.

Rechtsanwalt Clemens Schug sagte, sein Mandant werfe der Polizei körperliche und seelische Misshandlungen vor. Schug sprach von verbotenen Vernehmungsmethoden der Ermittler. Sein Mandant habe in dem Glauben ausgesagt, Zeuge zu sein - nicht Beschuldigter. Entsprechend hätten ihn die Polizeibeamten nicht über seine Rechte aufgeklärt.

Der Angeklagte widerrief Aussagen, er habe den mutmaßlich von Kinderschändern getöteten Fünjährigen Pascal Zimmer gekannt. Zudem sei er auch nicht am vermuteten Todestag des Jungen am 30. September am Tatort in der Bierkneipe "Tosa-Klause" gewesen und habe mit dem Fall nichts zu tun.

Parallelen zum Fall Gäfgen

MetzlerDie Vorwürfe des Angeklagten erinnern an den Fall des verurteilten Mörders Magnus Gäfgen. Ihm sollen nach seiner Verhaftung Beamte der Frankfurter Polizei körperliche Gewalt und Misshandlungen durch Mitgefangene angedroht haben, falls er das Versteck des von ihm entführten elfjährigen Bankierssohns Jakob von Metzeler nicht preisgebe.

Wegen der angeblichen Folterandrohung muss sich der frühere Frankfurter Polizeipräsident Wolfgang Daschner derzeit vor dem Landgericht Frankfurt verantworten, weil er die Gewaltandrohung angeordnet haben soll.

Daschner ist wegen Verleitung zur schweren Nötigung unter Missbrauch seiner Amtsbefugnisse und seiner Stellung als Amtsträger angeklagt, ein weiterer Beamter wegen schwerer Nötigung unter gleichen Voraussetzungen. Der Fall hatte eine bundesweite Debatte darüber ausgelöst, wie weit Polizisten bei Verhören gehen dürfen, um das Leben eines Opfers zu retten.

Staatsanwaltschaft ist auf Indizien angewiesen

Im Prozess um den Mord an dem kleinen Pascal muss sich die Anklage bislang auf Indizien stützen. Sie wirft neun Männern und vier Frauen Mord, schweren sexuellen Missbrauch oder die Beihilfe zu diesen Taten vor. Das Gericht hatte am Donnerstag nach dreiwöchiger Unterbrechung die Verhandlung wieder aufgenommen.

Der Prozess war unterbrochen worden, weil ein 42 Jahre alter Hauptbeschuldigter einen Selbstmordversuch unternommen hatte. Der Mann leide unter einem "psychotisch paranoiden Zustand", der krankhafte Angstvorstellungen hervorrufe, sagte ein Gutachter. Er sei aber unter Medikamenten wieder verhandlungsfähig. Der 42- Jährige habe sich eingebildet, er solle umgebracht werden.

Nach Aussagen mehrerer Mitangeklagter war er der letzte von vier Männern, die Pascal am 30. September 2001 in der Saarbrücker Bierkneipe "Tosa-Klause" vergewaltigt haben sollen. Das Kind wurde laut Anklage bei dem Missbrauch getötet. Die Leiche wurde aber nie gefunden.

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