Papst-Wunder:"Wie eine zweite Geburt"

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Die wundersame Heilung durch Papst Johannes Paul II. hat seit dem heutigen Freitag ein Gesicht: Die 46 Jahre alte französische Nonne Marie-Simon-Pierre.

Am heutigen Freitag sprach die von Papst Johannes Paul II. angeblich geheilte französische Nonne Marie-Simon-Pierre erstmals in der Öffentlichkeit über ihr Schicksal.

Die Nonne Marie-Simon-Pierre wurde angeblich durch Papst Johannes Paul II. von Parkinson geheilt. (Foto: Foto: dpa)

Wie eine zweite Geburt sei es gewesen, eine vollständige Verwandlung des Körpers: Lächelnd und mit klarer Sprache schilderte die 46 Jahre alte Nonne die wundersame Heilung, die Johannes Paul II. der Seligsprechung näher bringen soll.

Parkinson wie der Papst

Sie habe wie der Papst an der Parkinsonschen Krankheit gelitten, sagte Marie-Simon-Pierre. Zwei Monate nach dessen Tod seien die Symptome auf unerklärliche Weise verschwunden. "Das ist etwas sehr starkes. Es ist schwer darüber zu reden und es mit Worten zu beschreiben", sagte die Schwester der Kongregation der Kleinen Schwester, die in katholischen Geburts-Kliniken in Paris tätig ist.

Ein Wunder? Es sei Aufgabe der katholischen Kirche, dies zu entscheiden, erklärte die Ordensschwester. Ihr Fall könnte für eine Seligsprechung Johannes Pauls entscheidend sein. Der erste Teil des kirchenrechtlichen Verfahrens endet am Montag, dem zweiten Todestag des früheren Papstes.

Zu den Feierlichkeiten wird Marie-Simon-Pierre in Rom erwartet. Die eigentlich unheilbare Parkinsonsche Krankheit sei bei ihr im Jahr 2001 diagnostiziert worden, sagte die Nonne. Besonders schwer sei die linke Seite betroffen gewesen, der Arm habe schlaff am Körper gehangen.

Ostern 2005 habe sie es nicht ertragen können, die Auftritte des schwer leidenden Papstes im Fernsehen zu verfolgen. "Ich sah in ihm mein eigenes Schicksal der kommenden Jahre."

Nachdem Benedikt XVI. Im Mai entschied, den Seligsprechungsprozess für seinen Vorgänger einzuleiten, begannen alle Mitschwestern von Marie-Simon-Pierre, zum toten Papst für die Kranke zu beten. Es ist der einzige Moment während der Pressekonferenz, in dem Marie-Simon-Pierre ins Stocken gerät.

"Entschuldigen sie meine Gefühle", sagt sie lächelnd, die dunklen Haare unter einer weißen Haube verborgen, die gefalteten Hände knetend. "Am 2. Juni konnte ich nicht mehr und bat um die Befreiung von meinem Dienst", fährt sie fort. "Aber die Ordensoberin sagte mir, ich solle noch durchhalten, Johannes Paul habe sein letztes Wort noch nicht gesprochen."

Ein Versuch, mit ihrer zitternden Hand seinen Namen aufzuschreiben, scheitert. Doch die Stunde der Schicksalswendung hat geschlagen: Nach dem Abendgebet habe sie erneut zum Stift gegriffen, einer inneren Stimme folgend. "Es war sehr merkwürdig, die Schrift war lesbar."

Das Wunder kam über Nacht

Um 4.00 Uhr wachte sie auf. "Ich fühlte mich vollständig verwandelt." Zittern und Schmerzen seien aus ihrem Körper gewichen. "Es war eine Gnade, ich kann es schwer begreifen."

Der französische Neurologe Stéphane Thobois mag nicht an ein Wunder glauben. Die einzige Erklärung sei, dass die Nonne an einem der zwei heilbaren Syndrome gelitten habe, sagte er. Die Krankheit könne durch Medikamente (Neuroleptika) oder ein psychologisches Problem ausgelöst werden, und nur in diesen Fällen wieder verschwinden. "Man wird nicht von der Parkinsonschen Krankheit geheilt", sagte der Arzt der Universitätsklinik Lyon.

Marie-Simon-Pierre schilderte ihr Schicksal bereits in einem Bericht an den Vatikan, darin führte sie ihre Heilung auf das Wirken Johannes Pauls zurück. Ihr Fall wurde von der Diözese Rom schon eingehend geprüft. Die umfassende Akte mit Gutachten von Ärzten, Psychiatern und Kalligraphen wird am Montag der Heiligsprechungskommission des Vatikans übergeben.

Als Seliger kann Johannes Paul II nur dann gelten, wenn die Kommission zu dem Schluss kommt, dass er vorbildlich aus dem Glauben heraus gelebt hat. Mit einer Entscheidung wird nicht vor 2009 gerechnet.

Auch das wäre allerdings ein Rekord, denn gemäß Kirchenrecht kann der Seligsprechungsprozess erst fünf Jahre nach dem Tod einer Person eingeleitet werden. Benedikt XVI. hatte die Frist jedoch am 13. Mai 2005 aufgehoben. Er folgte damit Forderungen von Gläubigen, die bei der Beerdigungszeremonie für Johannes Paul auf dem Petersplatz "Santo Subito" gerufen hatten.

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