Osterpredigten:Bischöfe fordern gesellschaftliches Engagement

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Tibet, Medienkritik, Zölibat - in ihren Osterworten spannen die deutschen Kirchenoberen einen weiten Bogen. Am deutlichsten wird der Fuldaer Bischof Algermissen: Er ruft die Gläubigen auf, gegen "jedwede Todesproduktion" zu kämpfen. Dazu gehöre etwa "die Todesstrategie des Aushungerns der Armen" sowie die "milliardenschwere Rüstung".

Katholische und evangelische Bischöfe haben die Gläubigen in ihren Osterpredigten aufgefordert, sich für den Schutz des menschlichen Lebens und gesellschaftliche Belange zu engagieren.

Der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen - hier im Jahr 2001 - ist gegen Rüstung ebenso wie gegen aktive Sterbehilfe. (Foto: Foto: Reuters)

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, der Berliner Bischof Wolfgang Huber, sagte laut einer vorab verbreiteten Mitteilung, Widerstand statt Ergebung - das sei der Geist von Ostern. Er denke dabei auch an die Tibeter, "die aufbegehren, weil sie um ihre kulturelle Identität fürchten; mit brutaler Gewalt werden sie zurückgeschlagen."

Auch der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke rief zu mehr Engagement gegen die Ausbeutung und Unterdrückung von Menschen auf. Christen seien gefordert, ihre Stimme zu erheben, wenn Menschen wie derzeit in Tibet durch politische Unterdrückung ihrer Freiheit beraubt würden, sagte Hanke.

Der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen verlangte in seiner Osterpredigt, "den Kampf gegen jedwede Todesproduktion aufzunehmen". Der Bischof kritisierte in seiner Predigt im Fuldaer Dom laut Redemanuskript die "milliardenschwere Rüstung" sowie "die Todesstrategie des Aushungerns der Armen" und appellierte, den Kampf gegen die Tötung des ungeborenen menschlichen Lebens und die aktive Sterbehilfe anzunehmen.

"Schleichende Anonymisierung des Todes"

Auch der neue Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann forderte den Schutz der menschlichen Identität. "Ihr zerstört das, was unser Leben menschenwürdig, lebens- und liebenswürdig macht, wenn ihr die Identität des Menschen nicht umfassend schützt", sagte Wiesemann am Ostersonntag im Speyerer Dom laut Mitteilung des Bistums.

Mit Sorge sehe er den gesellschaftlichen Wandel, "nicht nur in Bezug auf den Umgang mit dem ungeborenen Leben, sondern auch auf den Wandel in der Bestattungskultur, auf die schleichende Anonymisierung des Todes".

Der katholische Bischof des Bistums Osnabrück, Franz-Josef Bode, erklärte, Christen sollten sich durch die Osterbotschaft befreien lassen zu konkretem Einsatz für das Leben - besonders dort, wo es gefährdet und bedroht sei. Dies gelte von der Empfängnis im Mutterleib bis zum Sterbebett.

Zollitsch übt Medienkritik

Einem ganz anderen Bereich der Gesellschaft widmete sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch. Er mahnte die soziale Verantwortung der Massenmedien an. Im Bemühen um ein angemessenes Verständnis der Realität kommt nach Ansicht von Zollitsch dem verantwortungsvollen Umgang mit den Medien einen große Bedeutung zu - sowohl bei den Medienmachern als auch bei den Mediennutzern.

Zu den möglichen Gefahren der Medien gehöre, dass sie die Wirklichkeit nicht nur abbildeten, sondern "dass sie um einer höheren Quote willen bestimmte Ereignisse auf suggestive Weise selbst schaffen", sagte Zollitsch in Freiburg am Ostersonntag. Ihre eigentliche Berufung sei es jedoch, an einer "Kultur der Wahrhaftigkeit" mitzuwirken.

Lesen Sie auf S. 2, warum Kardinal Meisner "österliche Menschen" fordert.

Der Erzbischof erinnerte auch die Mediennutzer an ihre Verantwortung. Zudem lenkte Zollitsch den Blick auf die Erziehungsverantwortung der Eltern. Kinder und Jugendliche seien viel zu kostbar, als dass sie durch einen unachtsamen Medienkonsum in ihrem geistigen Wachstum gehindert und damit um ihre eigene Zukunft gebracht werden dürften. "Was ich sehe, das prägt mich, innere Bilder bleiben zurück, die meine Wahrnehmungsfähigkeit fördern oder auch blockieren können."

Ihre Worte stehen an Ostern im Mittelpunkt des Interesses: Katholische Bischöfe. (Foto: Foto: ddp)

Doch auch innerkirchliche Themen brachten die Geistlichen zu Ostern zur Sprache. Der Kölner Erzbischof Kardinal Joachim Meisner rief zu einem kraftvolleren Glauben aufgerufen. Meisner sagte in seiner stark theologisch geprägten Predigt in der Osternacht, die Evolutionstheorie ziehe die Linie des Menschen nach hinten.

"Sie zeigt uns ihre Funde, den Lehm, aus dem der Mensch geworden ist, und sie hämmert uns ein: Das ist der Mensch. Ja, das Bild Adams ist gefallen." Aber die Auferstehung weise weit über diese bescheidenen Ursprünge hinaus. "Das Osterereignis zieht die Linie des Menschen nach vorwärts und weist auf unsere Zukunft hin", sagte Meisner: "Wir sind nicht mehr Schmutz, wir reichen über alle kosmischen Dimensionen bis zum durchbohrten und verklärten Herzen Christi hinauf."

Marx nennt Zölibat einen "großen Schatz"

Der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Marx, sprach sich gegen eine Abschaffung des Zölibats aus. Es sei "ein großer Schatz, auf den wir nicht verzichten sollten", sagte Marx in einem Interview der Bild am Sonntag.

"Es geht da nicht um ein "mittelalterliches" Gebot, das sich die katholische Kirche einfach ausgedacht hat, sondern darum, die Lebensweise Jesu als Berufung zu leben." In der Kirche gebe es von Beginn an Menschen, die auf eine Familie um des Himmelreiches willen verzichteten. "Jesus sagt selbst, es gibt diese Lebensform und ich empfehle sie", sagte Marx.

Marx sieht er durch das Zölibat die Katholische Kirche im Vorteil. "Die Katholische Kirche hat durch die Ehelosigkeit der Priester und Ordensleute eine Kraft entfaltet, die beispiellos ist gegenüber anderen Konfessionen." Sie ermögliche mobile Einsatzfähigkeit und sei geprägt von der Bereitschaft, das ganze Leben zu geben, die "weltlichen" Fragen hintanzustellen. Er selbst habe nie eine feste Freundin gehabt und sich nie auf eine Beziehung eingelassen, weil er immer Priester werden wollte.

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