Olympische Spiele in China:Umweg über den Everest

Lesezeit: 2 min

Den ersten olympischen Rekord will China schon brechen, bevor die Spiele in Peking überhaupt begonnen haben. Olympisches Feuer soll auch auf dem höchsten Berg der Welt brennen.

Henrik Bork

Das Olympische Feuer soll so hoch hinaus wie nie zuvor. Nachdem die Olympische Fackel bei einer feierlichen Zeremonie vor den Ruinen des antiken Hera-Tempels im griechischen Olympia entzündet wurde, wird sie die längste Strecke in der Geschichte von Olympia antreten und in 130 Tagen 137 000 Kilometer weit getragen.

Die Pekinger Organisatoren haben ehrgeizige Pläne: Bevor das Olympische Feuer im Stadion in Peking entzündet wird, soll es auf einer ,,Reise der Harmonie'' einen Umweg über den Mount Everest machen. Dafür lässt die chinesische Regierung jetzt eigens die Straße zum Basislager des höchsten Berges der Welt ausbauen, um den Fackellauf etwas einfacher zu gestalten.

Der 108 Kilometer lange Weg zur tibetischen Seite des Everest ist bisher nicht viel mehr als eine abenteuerliche Schotterpiste, die zu einem tibetischen Kloster und von dort zum Basislager führt. Von diesem 5200 Meter hoch gelegenen Zeltlager beginnen viele Expeditionen den Aufstieg zum Gipfel in 8850 Metern Höhe. Nun soll bis Oktober der Anfahrtsweg bis zum Basislager für 150 Millionen Yuan (knapp 15 Millionen Euro) geteert und mit Leitplanken versehen werden.

Um das Olympische Feuer auf die Spitze des Everest zu bringen, hat die chinesische Regierung bereits ein Team von insgesamt 50 tibetischen und chinesischen Bergsteigern zusammengestellt, das seit Monaten am Fuße des Everest zeltet. Gruppenweise proben die Bergsteiger den Aufstieg zum Gipfel mit Nachbildungen der Olympischen Fackel, die so an ihre Rucksäcke festgebunden sind, dass die Flamme nicht erlischt.

Wie üblich in China finden die Vorbereitungen für diese Aktion, die der kommunistischen Führung aus Prestige-Gründen extrem wichtig ist, unter großer Geheimhaltung statt. Ausländische Journalisten dürfen Tibet nicht bereisen. Die Zeltlager der Fackelträger sind umzäunt und werden bewacht.

Der Bergsteiger Duncan Chessell berichtete jedoch der Hongkonger Zeitung South China Morning Post, dass er gesehen habe, wie ein Team mit Probefackeln vom Everest abgestiegen sei. 17 Mitglieder hätten es an diesem einen Tag auf den Gipfel geschafft, und das Feuer sei trotz starken Windes nicht ausgeblasen worden, meldete die Zeitung.

Der chinesische Computer-Hersteller Lenovo hat eigens eine Spezialfackel entwickelt, die Winden mit Geschwindigkeiten von bis zu 65 Stundenkilometern und starken Regengüssen trotzen können soll. Auf der letzten Strecke soll das Olympische Feuer von zehn ausgewählten Bergsteigern getragen werden, die damit eine auf dem Gipfel wartende Fackel entzünden sollen. Die Bergsteiger bringen das Olympische Feuer dann wieder zum Basislager, von wo der Staffellauf bis ins Pekinger Olympiastadion vollendet werden kann.

Der Fackellauf durch das von China annektierte Tibet wird von politischen Kontroversen begleitet. Bereits im April hatten die chinesischen Behörden fünf Amerikaner des Landes verwiesen, nachdem diese am Mount Everest für ein freies Tibet demonstriert hatten. Ärger hat Peking auch mit Taiwan, das von Peking als ein Teil Chinas angesehen wird. Die Organisatoren der Spiele wollen die Fackel daher auch über die Insel tragen, als Demonstration für die Ein-China-Politik. Die dortige demokratische Regierung überlegt noch, ob sie dem Olympischen Feuer den Weg ins Land verweigern soll.

© SZ vom 20.06.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: