Österreich:Gesandter des Vatikans soll Sex-Skandal untersuchen

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Papst Johannes Paul II. hat in dem Skandal am Priesterseminar von St. Pölten überraschend schnell einen Visitator eingesetzt und so Kurt Krenn, den umstrittenen Bischof der Diözese, weitgehend entmachtet.

Wie der Vatikan bekannt gab, berief Johannes Paul II. den Bischof der Diözese von Vorarlberg, Klaus Küng, zum Apostolischen Visitator für die gesamte Diözese. Er soll nun den Skandal um kinderpornografische Aufnahmen auf Computern des Priesterseminares untersuchen und dem Papst berichten.

Die Ernennung eines Apostolischen Visitators für eine Diözese gilt als eine außergewöhnliche Maßnahme. Ein Apostolischer Visitator wird vom Vatikan gewöhnlich nur dann ernannt, wenn der Papst schwere Missstände in einem Bistum vermutet und sich ein genaues Bild machen will.

Entmachtung des umstrittenen Bischofs

Ein solcher Schritt gilt als eine offizielle Misstrauenserklärung für den betroffenen Bischof. Er darf keine Entscheidungen mehr selbstständig treffen. Küng sprach von einer "delikaten und diffizilen Aufgabe". Er wolle die Arbeit in St. Pölten unverzüglich aufnehmen, sagte der Feldkircher Bischof.

Der betroffene Bischof Kurt Krenn und die Diözese St. Pölten begrüßten die Einsetzung des Apostolischen Visitators. Küng werde Diözese und Priesterseminar "einer umfassenden, sorgfältigen und objektiven Prüfung unterziehen", hieß es auf Krenns Webseite. Damit sei "in allen betreffenden Fragen eine Wende zum Guten eingeleitet".

Strafantrag gegen Seminaristen

Die österreichische Staatsanwaltschaft hatte am Montag gegen einen Studenten des Priesterseminars Strafantrag wegen Besitzes von Kinderpornografie gestellt. Auf der Festplatte des 27-jährigen Polen sei eine "Vielzahl von pornografischen Darstellungen mit Unmündigen" entdeckt worden, hieß es.

Insgesamt hatte die Polizei bei Ermittlungen im Priesterseminar St. Pölten rund 40.000 pornografische Bilder und zahlreiche Filme sichergestellt. Die Aufnahmen zeigen auch homosexuelle Handlungen zwischen Seminaristen und ihren Vorgesetzten.

Krenn lehnt Rücktritt weiter ab

Mit der Einsetzung Küngs als Visitator ist das Mandat der von Bischof Kurt Krenn benannten internen Untersuchungskommission erloschen. Kirchenintern wird der Schritt des Vatikans als Paukenschlag gewertet, wie die österreichische Nachrichtenagentur APA berichtete. Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn erklärte, Rom habe schnell gehandelt. Er sprach von einer "außergewöhnlichen Maßnahme".

Küng sagte, zunächst wolle er sich ein möglichst objektives Bild der Lage verschaffen. Danach müsse er die zuständigen Vatikanischen Kongregationen entsprechend informieren und "geeignete Maßnahmen" vorschlagen. Er wolle seine Arbeit in St. Pölten "gründlich und zügig voranbringen". Küng gilt als konservativ, er ist Mitglied der umstrittenen katholischen Bewegung Opus Dei.

Krenn lehnte am Dienstag einen Rückzug von seinem Amt weiter ab, obwohl er immer stärker unter Druck gerät. Er hatte die Vorfälle im Priesterseminar als "Bubenstreiche" verharmlost.

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