New Orleans:Erste Todesfälle durch Schmutzwasser-Infektion

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Im Hurrikan-Katastrophengebiet in den USA sind die ersten Todesfälle durch verseuchtes Wasser bekannt geworden. Fünf Menschen sind an einem gefährlichen Erreger gestorben, der durch Schmutzwasser verbreitet wird.

Das teilte ein Sprecher der Gesundheitsbehörden am Mittwoch mit. Angesichts der katastrophalen Lebensbedingungen in New Orleans ordnete Bürgermeister Ray Nagin die Zwangsräumung der Stadt an. Die verbliebenen Bewohner sollten notfalls mit Gewalt fortgebracht werden. Die Behörden riefen die Menschen auf, sich von dem infektiösen Schmutzwasser fernzuhalten. Das Wasser ist durch Leichen, Fäkalien und Chemikalien verseucht.

Die ersten Todesfälle seien durch eine Infektion mit dem Erreger Vibrio vulnificus verursacht worden, sagte ein Sprecher der Gesundheitsbehörden.

Der Erreger könne durch Wunden in den Körper eindringen und löse eine Magen-Darm-Entzündung aus. Besonders anfällig seien ältere Menschen mit geschwächtem Immunsystem. Bei den Toten handele es sich um Flut-Flüchtlinge in Mississippi und Texas, weitere Todesfälle seien zu befürchten.

Erster Tuberkolose-Verdacht

Im Stadion "Astrodome" in Houston, wo tausende Flüchtlinge hausen, gebe es einen ersten Tuberkolose-Verdacht.

Nagin ermächtigte Polizei und Feuerwehr, die letzten Menschen unter Zwang aus dem immer noch zu 60 Prozent überfluteten New Orleans herauszuholen. Polizeipatrouillen suchten nach Bewohnern, die sich in ihren Häusern versteckt hielten.

Zahlreiche Menschen weigerten sich zu gehen und beschimpften die Polizisten. Ein Polizeisprecher sagte, die Beamten wollten versuchen, die Menschen durch Argumente zu überzeugen. Die Polizei wolle vermeiden, die schwer geschädigten Bewohner gewaltsam abzuführen.

Ein Sprecher des Heimatschutzministeriums von Louisiana sagte, die Nationalgarde des Bundesstaats werde keine Gewalt bei der Evakuierung anwenden.

Nach Nagins Schätzungen wird es mindestens drei Wochen dauern, bis das Wasser aus der überfluteten Stadt abgepumpt ist. Weitere zwei Wochen seien zur Beseitigung des Schutts nötig, sechs bis acht Wochen zur Wiederherstellung der Stromversorgung. Ein Vertreter der Behörden von Louisiana sagte, bis zu 160.000 Häuser könnten nicht wieder aufgebaut werden; bis zu 60 Prozent der Eigentümer seien nicht versichert gewesen.

Bush büßt Ansehen ein

US-Präsident George W. Bush büßte durch das vielseits kritisierte Katastrophenmanagement nach dem Hurrikan einer Umfrage zufolge an Ansehen ein. In einer Gallup-Erhebung sagten 42 Prozent der Befragten, sie seien mit Bushs Reaktion nicht zufrieden, 35 Prozent bescheinigten dem Präsidenten ein gutes Management.

Die demokratische US-Senatorin Hillary Clinton forderte eine unabhängige Untersuchung der Pannen. Bushs Vorschlag, sich selbst an die Spitze einer Untersuchungskommission zu stellen, wies sie zurück.

Die Rettungs- und Hilfsarbeiten nach dem Hurrikan "Katrina" kosten die USA derzeit eine Milliarde Dollar (800 Millionen Euro) pro Tag - mehr als doppelt so viel wie geplant, wie Senator Thad Cochran sagte. Ein Sprecher der Heimatschutzbehörde von Louisiana bezifferte die Schäden für seinen Bundesstaat auf mehr als 100 Milliarden Dollar.

Präsident Bush plant nach Angaben des demokratischen Senators Harry Reid eine erhebliche Aufstockung der Finanzhilfen. Der Präsident werde in Kürze weitere Finanzhilfen in Höhe von 40 bis 50 Milliarden US-Dollar (32 bis 40 Milliarden Euro) beim Senat beantragen, sagte Reid nach einem Treffen mit Bush.

Als Folge des Hurrikans könnte die US-Wirtschaft bis Ende des Jahres nach einer Schätzung des Kongressbüros für Haushaltsfragen um 0,5 bis 1,0 Prozent an Wachstumstempo einbüßen und 400.000 Arbeitsplätze verlieren. "Katrina" werde größere ökonomische Auswirkungen haben als frühere große Naturkatastrophen wie etwa der Hurrikan "Andrew" von 1992, prognostizierte das Büro in einem Brief an führende Mitglieder des Kongresses.

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