Neue TV-Serie:Kumpels, Küche, Koitus

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Offenbar nicht nur eine Frauen-Domäne: Männer denken beim Sex und reden auch noch darüber. Jedenfalls in "Männer allein zuhaus", dem Küchen-Kabarett im WDR.

Von Hans Hoff

Angeblich sind Frauen so wie in Sex And The City. Das behaupten jedenfalls Legionen von Redakteurinnen und Redakteuren einschlägiger Frauen- und Lifestyle-Zeitschriften, die offenbar unendlich dankbar sind, dass das Thema Sex mit Hilfe von Pro Sieben unter dem Darüber-spricht-man-nicht-Schleier hervor gezerrt wurde.

Den New Yorker Serien-Vorbildern Carrie, Miranda, Charlotte oder Samantha folgend sind Frauen leicht verwirrte, stets nach dem nächsten Koitus-Kollaborateur gierende Großstadthyänen, die über alle Spielarten des geschlechtlichen Miteinanders gerne in der gediegenen Halböffentlichkeit angesagter Restaurationen debattieren und auch nicht davor zurückschrecken, in Anwesenheit eines unschuldigen Taxifahrers die Pros und Cons eines ordentlichen Analverkehrs zu erörtern.

Die Frage, ob Frauen wirklich so sind wie in Sex And The City erübrigt sich, weil die Serie immer noch erfolgreich läuft. Was darauf hindeutet, dass es sich um die im Showgeschäft übliche Verabredung zur Lüge handelt. Die erlegt einem auf, etwas zu behaupten, an das man selber nicht glaubt, von dem aber angenommen wird, dass der Zuschauer willig ist, es als Wahrheit aufzusaugen. Im Idealfall erklären hinterher alle, sich hervorragend amüsiert zu haben.

Die große Lüge

Hier kommt die am Samstag gestartete WDR-Reihe Männer allein zuhaus ins Spiel. Auch die fußt nämlich auf einer großen Lüge. Nämlich der Annahme, dass vier deutsche, für eine Dreiviertelstunde in einer Küche allein gelassene Männer pausenlos reden und sich gegenseitig ins Wort fallen - anstatt ordentlich schweigend Bier zu trinken, Fußball zu gucken und bis auf gelegentliches, Anerkennung transpirierendes "Na, du Arsch" vorzugsweise nonverbal zu kommunizieren. Da aber schwitzend schweigende Herren kein Programm hergeben, wird einfach so getan, als sei der Mann an sich ein mitteilungsfreudiges Wesen.

Schlimmer noch: Er redet mit seinen Kumpels über Sex. Einer von ihnen, der schnell als juveniler Pantoffelheld geoutet ist, gesteht gar, er denke beim Verkehr oft an Tierfilme oder an Adolf Hitler, weil sich damit hervorragend das Finale der Leibesübung herauszögern lasse. Ein anderer springt ihm bei und gesteht, auch er denke beim Sex. Er denke darüber nach, wie schön es ausnahmsweise mal mit einer Frau wäre. So was sagt kein Mann, höchstens ein Lehrer. Kein normaler natürlich, sondern einer jener Prototypen, die nur fürs deutsche Kabarett existieren.

Der Rest des Quartetts rekrutiert sich aus einem Quoten-Schwulen und einem Türken, der seinem Freund das Schwulsein ausreden will, weil ein anständiger Türke nicht mit einem Schwulen befreundet sein darf. Erst recht nicht, wenn er das Image pflegt, Frauen reihenweise flach zu legen und sie im Handy nicht mit Namen, sondern mit Foto speichert.

Gelegentlich lustig

Gemeinsam hocken diese Vier an einem WG-tauglichen Tisch und plappern, als seien sie vertraglich verpflichtet, die bundesrepublikanischen Gegenstücke der Sex And The City-Protagonistinnen zu liefern. Das ist gelegentlich lustig, wenn sich in die Gespräche ein bisschen Politik mischt, wenn der Austausch von Unzulänglichkeiten sich realen Gefilden nähert, wenn der Grundton ausnahmsweise klingt, als wolle er gleich die Harmonie der political correctness sprengen.

Meist aber ist dieses als Küchenkabarett angekündigte Unternehmen eher eine nicht unbedingt geschickt verzahnte Aneinanderreihung von Stand-Up-Nummern der beteiligten Komiker, die Tunç Denizer, Jess Jochimsen, Rainer Pause und Johannes Scherer heißen und nicht ohne Grund bislang in der dritten Garde witzelten. Nichtsdestotrotz bietet die Sache Entwicklungspotential.

Man müsste die Herren nur dazu bringen, sich im Interesse eines fließenden Gemeinschaftsspiels nicht ohne Rücksicht auf Verluste als Solokünstler profilieren zu wollen. Aber wahrscheinlich wären die Männer dann keine Männer mehr.

Männer allein zuhaus, WDR, weitere Folgen 18.9., 16.10., 11.12. und 25.12.

© SZ vom 6.9.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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