Naturkatastrophen:Wider die Wut der Natur

Lesezeit: 2 min

Eine Ölpest herbeiführen, Regen beschweren oder das Meer abkühlen - rund um den Globus gibt es zuweilen bizarre Ideen, um Wirbelstürme zu bekämpfen.

Funktioniert hat bislang indes keines der Mittel gegen tropische Wirbelstürme, die je nach Region Zyklone, Taifune oder - wie in den USA - Hurrikane genannt werden und schwere Verwüstungen anrichten können.

Radikale Mittel sollen in den 70er Jahren in der damaligen Sowjetunion ausprobiert worden sein. Die Behörden schufen damals offenbar einen Ölteppich auf dem Pazifik.

Sie wollten so verhindern, dass ein Zyklon das Meerwasser in die Höhe saugt und Kraft gewinnt. Erfahrungen aus diesem Experiment wurden nie bekannt, bedauern Experten der US-Forschungseinrichtung Atlantic Oceanographic and Meteorological Laboratory in Miami (Bundesstaat Florida). Theoretisch könnte auch ein riesiges Netz auf der Meeresoberfläche verhindern, dass das Wasser angesaugt wird.

Es müsste sich allerdings nach Berechnungen von Fachleuten über mindestens 1800 Quadratkilometer erstrecken. Getestet wurde ein solches Netz nie.

Einen Großversuch machten die Amerikaner dagegen: Von "Esther" im Jahr 1961 bis zu "Ginger" 1971 griffen sie vier Stürme mit Silberjodid an, das in die Wolken um das Auge des Zyklons gesprüht wurde.

Auch ein Nützling

Ziel der Operation "Stormfury" ("Sturmfurie") war, die Niederdruckgebiete am Rand der Wirbelstürme zu verstärken und damit die Stürme selbst zu schwächen.

Das selbe Phänomen könne sich aber auch auf völlig natürlichem Wege ereignen, sagt der in Miami forschende Hurrikanexperte Hugh Willoughby. Dies sei etwa gerade beim Hurrikan "Rita" der Fall gewesen, der sich von der höchsten Stufe fünf auf der Saffir-Simpson-Skala auf Stufe drei abschwächte, noch bevor er die Küste erreichte.

"Wenn ich wirklich schlau wäre, würde ich Silberjodid dahin schicken und nach der Abschwächung des Windes sagen: 'Ich habe Houston gerettet, gebt mir 50 Millionen Dollar und ich mache es nochmal'", witzelt Willoughby, der sich seit 30 Jahren mit der Materie befasst und selbst Hunderte von Erkundungsflügen in die Augen von Taifunen und Hurrikans unternahm.

Für manche Forscher ist selbst ein Atomangriff auf Wirbelstürme kein Tabu. Ganz abgesehen davon, dass in einem solchen Fall radioaktiver Staub auf bewohnte Gebiete herabrieseln könnte - die Technik hätte schlicht wenig Aufsicht auf Erfolg, zumal Menschen mit der Wucht von Wirbelstürmen nicht mithalten können. Ein wütender Sturm setzt so viel Energie frei wie eine Serie von Atombomben mit zehn Megatonnen Sprengkraft, die im 20-Minuten-Rhythmus explodieren.

Ein Wirtschaftsboss schlug seinerseits vor, Klebstoff in die Wolken zu schicken, um den Regen zu beschweren, seinen Fall zu verlangsamen und im Gegenzug die Entstehung von Wasserhosen zu bremsen. Die Hurrikanspezialisten in Miami sehen dies skeptisch - um einen einzigen Zyklon zu stoppen, wären nach ihren Berechnungen fast 38.000 Tonnen Leim erforderlich.

Da die Klimaerwärmung die Entstehung der Wirbelstürme begünstigt, denken die Experten auch darüber nach, die Tiefseegräben schlicht abzukühlen. Eisberge in der Karibik könnten helfen - über diese Option dachte auch Willoughby ernsthaft nach.

Schließlich ließ er aber ab, weil er fürchtete, durch die Veränderungen im Wasserkreislauf eine Art neue Eiszeit auszulösen. "Wenn man sich in diese riesigen Ingenieursprojekte stürzt, läuft man Gefahr, alles nur noch schlimmer zu machen."

Die US-Forschungsgemeinde setzt nunmehr darauf, besser mit den Hurrikanen auszukommen. Diese haben schließlich bei aller Zerstörungskraft eine natürliche Mission: Sie führen Hitze aus den Tropen ab, lösen andernorts wichtige spätsommerliche Regenfälle aus und reinigen die Ökosysteme der Küsten.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: