Eigentlich hätte er tot sein müssen. Nachdem der Schlepper, auf dem Okene Harrisson arbeitete, vor der nigerianischen Küste gesunken war, überstand der Schiffskoch jedoch nicht nur den Untergang des Schiffes. Er überlebte volle zwei Tage in 30 Metern Tiefe, im eiskalten Atlantischen Ozean - in einer Luftblase.
Am 26. Mai sollte der Schlepper Jascon-4 bei stürmischer See 30 Kilometer vor der Küste Nigerias bei Escravos einen Öltanker Richtung Hafen ziehen. Bei dem Versuch zu wenden, wird das Schiff von einer hohen Welle umgekippt und sinkt innerhalb kürzester Zeit.
Es gab zunächst keine Überlebenden: Von den zwölf Besatzungsmitgliedern konnten südafrikanische Taucher zehn nur noch tot bergen und an die Oberfläche bringen. Der Schiffskoch Harrison und ein Kollege galten zunächst als vermisst.
Als sich die Rettungsmannschaft am Tag darauf erneut zum Schiffswrack begab, um es zu inspizieren und die Bergung vorzubereiten, hörten sie plötzlich Klopfgeräusche aus dem Inneren des Schiffs.
Okene befand sich in einer Toilette. Dort hatte sich über seinem Kopf eine Luftblase von etwa 1,30 Meter Durchmesser gebildet, die ihm Atemluft spendete. Durch die lange Zeit, die der restliche Körper dem Salzwasser ausgesetzt war, hatten sich Teile seiner Haut aufgelöst.
Als das Schiff unter die Meeresoberfläche sank, sei er von den Wassermassen einen Gang entlang in die enge Toilette gespült worden, berichtet der Schiffskoch. Sie grenzte an die Kabine eines Schiffsoffiziers. Zu seiner großen Verwunderung bemerkte Okene, dass er noch atmen konnte.
"Ich befand mich dort im Wasser in völliger Dunkelheit und dachte immer nur: Das ist das Ende", erzählte Harrisson nach seiner Rettung. "Ich stellte mir die ganze Zeit vor, dass das Wasser den Raum füllen würde, aber das tat es nicht". Er wisse nicht, was das Wasser davon abhielt, den Raum zu fluten. "Ich betete zu Gott Er hat mich erhört. Es war ein Wunder."
Er sei hungrig gewesen, aber vor allem habe er schrecklichen Durst gehabt, berichtet der Überlebende, der nur noch eine Unterhose am Leib trug. Das Meerwasser sei ihm in den Mund gelaufen und habe ihm schließlich sogar die Haut von der Zunge gelöst.
Da Okenes Körper in 30 Metern Tiefe zwei Tage einem immensen Umgebungsdruck ausgesetzt war, hätte ein rascher Transport an die Oberfläche seinen sicheren Tod bedeutet. Dem Tauchteam gelang es, dem Mann in der Luftblase eine Taucherglocke über den Kopf zu stülpen. Anschließend wurde er in einer Rettungsglocke nach oben gebracht, wo diese an die Dekompressionskammer des Rettungsschiffes angedockt wurde.
Der Schiffskoch Okene musste zwei Tage dort verbringen, bevor er an Land zu seiner Familie zurückkehren konnte. Aber das dürfte das Geringste sein für den Mann, der wie durch ein Wunder 60 Stunden unter Wasser überlebt hat.