Nach Erdbeben in China:Eine Schneise aus Tod und Zerstörung

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Mehr als jeder zweite Einwohner ist tot, fast alle Häuser sind in sich zusammengefallen, für Helfer ist das Gebiet kaum zu erreichen: Die Lage in der zentralchinesischen Stadt Yingxiu ist dramatisch.

Henrik Bork, Yingxiu

Als bislang einziger westlicher Reporter konnte sich SZ-Journalist Henrik Bork bis in die Nähe des Epizentrums durchschlagen. Hier schildert er seine Eindrücke aus der vom Beben am schlimmsten betroffenen Stadt Yingxiu.

Die Menschen flüchten aus zerstörten Gebieten. Von Dujiangyan muss man zu Fuß gehen, um Yingxiu zu erreichen. (Foto: Foto: rtr)

Nahe an seinem Epizentrum hat das Erdbeben in China eine Schneise aus Tod und totaler Zerstörung geschlagen. Das nahe des Epizentrums gelegene Bergstädtchen Yingxiu ist derzeit nur durch einen achtstündigen Fußmarsch zu erreichen. Bis zur Stadt Dujiangyan kommt man noch mit dem Auto, dann geht es zu Fuß weiter - über zerstörte Straßen.

In Yingxiu sind 2700 von etwa 5000 Einwohnern verschüttet, also mehr als die Hälfte der Bevölkerung. "Diese 2700 sind verschüttet und gelten als vermisst. Wir müssen aber davon ausgehen, dass die meisten davon tot sind", sagt ein Kommandeur der Volkspolizei, der nur seinen Nachnamen Wao nennen wollte.

Insgesamt gibt es in der Region nach neuesten amtlichen Meldungen mehr als 20.000 Todesopfer, mehr als 26.000 Menschen sind noch unter den Trümmern begraben.

Rund zwei Drittel aller Häuser in Yingxiu sind in sich zusammengestürzt, darunter ist auch das örtliche Krankenhaus, die Polizeistation und die Yingxiu-Grundschule. Unter den Trümmern der Grundschule schienen auch am dritten Tag nach dem Beben noch immer mehrere Kinder zu leben, ihr Weinen war durch die Trümmer zu hören. Doch seit gestern Abend ist es leise.

Retter versuchen, Überlebende aus dem Trümmerhaufen zu bergen. Die chinesische Volksarmee hat seit gestern eine große Anzahl von Soldaten nach Yingxiu bewegen können. Aufgrund des starken Regens kommt es zu Erdrutschen, außerdem machen es abgestürzte Straßenstücke und zusammengebrochene Brücken außergewöhnlich schwierig, Teile des Katastrophengebiets zu erreichen.

Gestern und heute im Laufe des Tages sind in mehreren Wellen 1700 Soldaten der Volksbefreiungsarmee und 1300 Polizisten und Feuerwehr in Yingxiu eingetroffen. Die Rettungskräfte haben damit begonnen, die Verwundeten notärztlich zu versorgen und sie von einem Feldlazarett vom Flussufer mit Hubschraubern nach und nach auszufliegen.

Neben einem komplett zusammengestürzten Haus steht der 30-jährige Jiang Kai und weint: "Vier Mitglieder meiner Familie sind ums Leben gekommen. Mein Haus ist zerstört und alles was ich habe. Doch das ist alles unwichtig, wenn nur nicht meine Angehörigen tot wären."

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