Nach der Hetzjagd auf Inder:Bürger in Mügeln protestieren gegen Fremdenhass

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Nach den schweren Ausschreitungen in Mügeln bleiben die Bilder der verletzten Opfer unvergessen: Jetzt haben rund 250 Einwohner in Mügeln gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit demonstriert. In Magdeburg wurde dagegen ein Iraker misshandelt.

Eine Woche nach der Hetzjagd auf acht Inder im sächsischen Mügeln haben rund 250 Einwohner der Kleinstadt gegen Fremdenhass und Rechtsradikalismus protestiert. In einem "Friedensgebet" auf dem Marktplatz, wo der Angriff in der Nacht zum vorigen Sonntag begonnen hatte, rief Pfarrer Stephan Israel am Samstagabend zu einem friedlichen Miteinander auf.

Eines der Opfer der Hetzjagd in Mügeln. (Foto: Foto: dpa)

Mügelns Bürgermeister Gotthard Deuse (FDP) sprach sich gegen "Berichte der kollektiven Ausländerfeindlichkeit" aus. "Wir distanzieren uns entschieden von den Randalierern", betonte er. "Wir verurteilen die Geschehnisse auf das Schärfste."

Unter dem Beifall der Zuschauer verwahrte sich Deuse aber auch dagegen, dass Mügeln eine kollektive Ausländerfeindlichkeit vorgeworfen werde. Er appellierte an mögliche Zeugen, sich bei der Polizei zu melden, damit die Ereignisse schnell aufgeklärt werden könnten.

Kerzen vor der Pizzeria

Nach dem Friedensgebet marschierten die Bürger mit einer Kerze in der Hand durch den 5000-Einwohner-Ort. Sie stellten die Kerzen vor der Pizzeria ab, in der die Inder Zuflucht vor ihren rund 50 Verfolgern gesucht hatten. Diese hatten die Inder bei einem Stadtfest angegriffen und geschlagen. Dabei wurden auch ausländerfeindliche Parolen wie "Ausländer raus" gerufen.

Nach dem Marsch überreichten Deuse und Pfarrer Stephan Israel dem Inhaber der Pizzeria einen Blumenstrauß. "Wir wollen ein Zeichen setzen, damit es in Zukunft friedlich weitergeht", betonte der Pfarrer.

Die Veranstaltung fand unter Polizeischutz statt. Am Sonntag finden in Mügeln unter dem Motto "Mügeln setzt ein Zeichen gegen Gewalt" zahlreiche Feste, Konzerte und eine Podiumsdiskussion statt. Zwischenfällt gab es bisher nicht.

Ausschreitungen in Bützow

Anders sah die Lage allerdings in Bützow in Mecklenburg-Vorpommern aus: Dort kam es bei einem Volksfest zu gewalttätigen Ausschreitungen. In der Nacht zum Samstag zogen rund 40 Menschen randalierend durch die Innenstadt, bestätigte die Polizei am Samstag Informationen der Schweriner Volkszeitung.

Darunter seien mehrere Personen gewesen, die der rechten Szene zugerechnet werden. Auch der Döner-Imbiss eines Pakistaners sei attackiert worden. Hinweise auf einen ausländerfeindlichen Hintergrund gebe es bislang nicht - die Polizei ermittelt nach eigenen Angaben jedoch auch in diese Richtung.

Der Imbissbudenbesitzer habe das Geschehen vom ersten Stock des Hauses verfolgt und sei von den Angreifern bedroht worden. Die alarmierte Polizei habe anderthalb Stunden lang nicht eingegriffen. Laut Rostocker Polizei musste Verstärkung aus Schwerin, Rostock und Stralsund nach Bützow geschickt werden.

Magdeburg: Angriff mit Baseballschläger

Die Beamten in Bützow hätten sich zuvor zurückziehen müssen, da Gefahr für Leib und Leben bestanden habe. Es sei niemand festgenommen worden, lediglich die Personalien von 15 Anwesenden wurden aufgenommen.

Auch in Magdeburg kam es zu einem Vorfall mit rechtsextremem Hintergrund: Ein Iraker ist aus rassistischen Motiven verprügelt worden. Der 36-Jährige war der Polizei zufolge am Wochenende an einer Straßenbahnhaltestelle mit einem Baseballschläger unter anderem auf den Kopf geschlagen worden.

Der noch nicht ermittelte Täter habe seinen Hund auf den Iraker gehetzt und ihn mit ausländerfeindlichen Parolen geschmäht, teilte die Polizei am Sonntag mit. Das Opfer habe eine Platzwunde am Kopf erlitten. Eine Zeugin habe die Polizei gerufen.

Am Wochenende zuvor, an dem in Mügeln Inder gejagt worden waren, hatten Täter auch im rheinland-pfälzischen Guntersblum zwei Afrikaner bei einem Weinfest angegriffen und verletzt.

Inzwischen wurde Haftbefehl gegen einen 29-jährigen Tatverdächtigen erlassen. Ein zweiter 26 Jahre alter mutmaßlicher Mittäter, der ebenfalls am Freitag festgenommen worden war, kam unter Meldeauflagen wieder auf freien Fuß, wie die Staatsanwaltschaft am Samstag in Mainz mitteilte.

© sueddeutsche.de/AP/dpa/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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