Nach dem Tod von Kevin:"Aufklärung ohne Wenn und Aber"

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fordert Konsequenzen aus dem Tod des Zweijährigen. Noch im November soll ein Frühwarnsystem eingerichtet werden. Unterdessen wurde in Sachsen-Anhalt ein weiterer toter Säugling gefunden - auch hier hat das Jugendamt die Familie betreut.

Bundeskanzlerin Merkel hat auf dem CSU-Parteitag in Augsburg eine lückenlose Aufklärung des Falles Kevin gefordert, "ohne Wenn und Aber, und ohne Rücksicht auf alle, die davon wussten". Der Schutz von Kindern in Not sei eine zentrale Aufgabe der Gesellschaft.

Angela Merkel verlangt Konsequenzen aus dem Fall Kevin. (Foto: Foto: ddp)

Für das Bremer Jugendamt hatte der Tod Kevins bereits am Freitag Konsequenzen. Der Amtsleiter Jürgen Hartwig wurde suspendiert. Gegen den amtlichen Vormund und den verantwortlichen Sachbearbeiter werde strafrechtlich ermittelt, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Ihnen drohen Geldstrafen oder sogar bis zu drei Jahre Haft wegen Verletzung der Fürsorgepflicht, sollten sich die Vorwürfe gegen sie bestätigen. Am Mittwoch war bereits die Bremer Sozialsenatorin Karin Röpke (SPD) zurückgetreten.

"Staatliche Hilfe sträflich versagt"

Kevins Leiche war am Dienstag im Kühlschrank des drogensüchtigen Vaters entdeckt worden - obwohl das zweijährige Kind unter der Vormundschaft des Staates stand. Die Leiche wies zahlreiche Knochenbrüche und einen Bluterguss am Schädel auf. Kevin war bereits seit Juli tot.

Nach dem Tod des Kindes wurden massive Fehler der Bremer Behörden bekannt. So war das Kind zuletzt im April von einem Behördenmitarbeiter gesehen worden.

"Im Fall Kevin hat das Zusammenspiel der staatlichen Hilfen sträflich versagt", sagte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU). Kinder in vergleichbaren Situationen dürften vom Tag ihrer Geburt an nicht mehr aus den Augen gelassen werden.

Noch im November solle ein Frühwarnsystem eingerichtet werden, so von der Leyen. Familien, die mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert sind, sollen von der Geburt an intensiv begleitet werden.

Toter Säugling in Sachsen-Anhalt gefunden

Unterdessen ist in Sachsen-Anhalt ein weiterer toter Säugling entdeckt worden. Die sieben Wochen alte Leonie starb in ihrer Wohnung in Sangerhausen.

Nach Angaben der Staatsanwaltsschaft ist die Todesursache noch unklar. Sie bestätigte aber, dass gegen die 33-jährige Mutter wegen Totschlags und unterlassener Hilfeleistung ermittelt werde.

Die Frau sei am Morgen betrunken gewesen und habe einer Freundin erzählt, ihre Tochter sei wohl nicht mehr am Leben. Einem Bericht der Mitteldeutschen Zeitung zufolge betreute das Jugendamt die Familie.

Doch der Staatsanwalt warnte vor einem vorschnellen Vergleich mit dem Tod Kevins: "Zu dem Fall in Bremen darf man noch keine Parallele ziehen, dafür wissen wir hierzu noch einfach viel zu wenig."

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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