Nach dem erneuten Tsunami:Aus den Augen, aus dem Sinn

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Weil Deutsche auf Java offenbar verschont geblieben sind, wird sich das Reiseverhalten kaum ändern.

Von Hans Gasser

Bisher bestätigten die indonesischen Behörden den Tod von vier Ausländern, einem Belgier, einem Niederländer, einem Japaner und einem Schweden. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes gibt es aber keine Hinweise, dass auch Deutsche unter den Opfern waren.

Falls es so bleibt, ist der Tsunami im Süden Javas aus Sicht der deutschen Tourismusbranche also mehr als glimpflich verlaufen. Das hat zwei Gründe: Zum einen ist zurzeit keine Hauptsaison, Europäer fahren vor allem während der Wintermonate nach Indonesien.

Meist Rucksacktouristen

Zum anderen bieten die großen deutschen Reiseveranstalter zwar Rundreisen im Innenland Javas an, beispielsweise zu den Tempelanlagen von Borobudur und Prambanan, nicht aber Badeurlaub am betroffenen, 180 Kilometer langen Küstenstreifen im Süden.

Dort machen vor allem Einheimische Urlaub, an Wochenenden und an muslimischen Feiertagen; unter der Woche stehen die meisten Gästehäuser und kleinen Hotels leer. Die Mehrzahl der Ausländer, die hierher kommen, sind Rucksacktouristen.

Java sei ein reines Kultur- und Rundreiseziel, erklärt etwa Klaus Dietsch von Studiosus, Badeurlaub im Rahmen einer Indonesienreise werde meist auf Bali angeboten, wo es größere und bessere Hotels gibt. Auch Dertour und Meiers Weltreisen offerieren nur Rundreisen im Landesinneren, wie eine Sprecherin sagte.

Der Reiseveranstalter Thomas Cook hat die Insel Java gar nicht im Programm, mit Tui waren zum Zeitpunkt des Tsunamis gerade einmal vier Personen auf Java unterwegs. Sie sind wohlbehalten und wollen ihre Reise fortsetzen, erklärt Pressesprecher Robin Zimmermann. Dass der Tsunami das Buchungsverhalten der Gäste in Bezug auf Java oder ganz Indonesien beeinträchtigen wird, glaubt Zimmermann indes nicht.

Zynische Analyse

"Wir stellen eine starke Wechselwirkung von medialer Berichterstattung und Buchungsverhalten fest. So zynisch es klingt, aber der Tsunami wird schon bald wieder aus Zeitungen und Fernsehen verschwunden sein und somit kaum Auswirkungen haben."

Studiosus-Sprecher Dietsch hat festgestellt, dass Naturkatastrophen allgemein weniger stark im Gedächtnis der Touristen haften bleiben, im Unterschied etwa zu Attentaten oder politischen Unruhen. Sein Unternehmen biete deshalb Jakarta gar nicht mehr an und habe das Indonesienangebot seit einigen Jahren stark reduziert. "Der kleine Tsunami wird aber auf keinen Fall Auswirkungen auf den Tourismus haben."

Bei der verheerenden, bis zu 30 Meter hohen Flutwelle kurz nach Weihnachten 2004 waren vor allem in Thailand, Indonesien und Sri Lanka 230 000 Menschen ums Leben gekommen, darunter mehr als 500 Deutsche. Die Jahrhundertkatastrophe hatte zunächst zu massiven Buchungseinbrüchen geführt, mittlerweile fahren wieder unverändert viele Touristen in die damals betroffenen asiatischen Länder.

© SZ vom 20.7.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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