Nach dem Drama von Menden:Der Unglücksfahrer schweigt

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Schwächeanfall oder Amokfahrt? Nach der Schützenfest-Tragödie ist weiterhin unklar, warum ein 79-Jähriger zwei Männer überfuhr.

D. Graalmann

Der Tag war als Höhepunkt des Schützenfestes gedacht, schließlich war für diesen Montag das Königschießen der Hubertus-Bruderschaft Menden angesetzt. Nun aber versammelten sich die Bürger der sauerländischen Stadt am Montagabend tief betroffen in der Walburgiskirche, um in einem Trauergottesdienst der zwei Schützenbrüder im Alter von 69 und 40 Jahren zu gedenken, die bei dem tragischen Autounfall am Sonntag getötet worden waren. In Menden herrscht Trauer und Ratlosigkeit.

Auf dem Bordstein legen die Passanten am Unglücksort im sauerländischen Menden Blumen nieder und zünden Kerzen an. Warum der 79-jährige Autofahrer in die Menschenmenge gerast ist, ist unklar. (Foto: Foto:)

Die Unglücksursache blieb auch am Tag danach unklar. Der 79-jährige Autofahrer, der um 15.49 Uhr mit seiner Mercedes A-Klasse in die Menschenmenge am Ende des Schützenumzuges gefahren war, konnte am Montag zwar vernommen werden. Allerdings "machte er keine Angaben zur Sache", so Polizeisprecher Dietmar Boronowski. Hinweise auf eine Amok-Fahrt gäbe es aber nicht.

Schwächeanfall als mögliche Ursache

Dagegen schließen die Ermittler "schon aufgrund des Alters nicht aus, dass es sich um einen Schwächeanfall handeln könnte." Zudem erhofft man sich Erkenntnisse durch die Auswertung der Tatortspuren sowie aus den Aussagen der zahlreichen Augenzeugen, die im Laufe der kommenden Tage vernommen werden. So lange aber wuchern die Spekulationen: Der ältere Herr, so eine gängige These, könne das Gas- mit dem Bremspedal verwechselt haben.

So berichteten Zeugen von überhöhter Geschwindigkeit. Polizeisprecher Boronowski bezeichnete dies als "reine Kaffeesatzleserei". Fest stehe nur, "dass die Geschwindigkeit der Situation nicht angepasst war." Die Staatsanwaltschaft Arnsberg hat derweil ein Ermittlungsverfahren gegen den 79-Jährigen wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung eingeleitet.

Doch abseits der Ermittlungen beginnt bereits die politische Debatte. So haben die Grünen erneut verpflichtende Tauglichkeitstests für ältere Menschen verlangt. "Die Fahrer werden immer älter, und dieser Zeitbombe muss sich das Parlament irgendwann einmal stellen", sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Winfried Hermann.

Es dürfe dabei allerdings nicht zu Altersdiskriminierung kommen: "Pauschal jedem 75-Jährigen den Führerschein wegzunehmen geht natürlich nicht", so der Grünen-Politiker. Herrmann regte jedoch an, für über 70-Jährige regelmäßige Untersuchungen bei einem Arzt vorzuschreiben. Der Grünen-Vorstoß, der bereits 2008 im Bundestag gescheitert war, stößt erwartungsgemäß auf Widerspruch bei der Automobil-Lobby. "Ein tragischer Unfall ist kein Grund, ohne Not Auflagen für ältere Fahrer zu verhängen", so ADAC-Sprecher Maximilian Maurer.

© SZ vom 21.07.2009/abis - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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