Mordfall Tom und Sonja:"Tickende Zeitbombe"

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Ein Verbrechen wie mit Tom und Sonja könne immer wieder passieren, hat der mutmaßliche Mörder Markus Lewendel erklärt. Auch hätten er und der Mitangeklagte Markus Wirtz bereits kurz nach der ersten Tat geplant, erneut ein Kind zu entführen und zu missbrauchen.

(SZ vom 8.11.2003) - Am dritten Verhandlungstag im Prozess um die Ermordung der Geschwister Tom und Sonja aus Eschweiler hat überraschend auch der zweite Angeklagte, der 33-jährige Markus Lewendel, ein umfassendes Geständnis abgelegt.

Im Gegensatz zu seinem Mitangeklagten Markus Wirtz, dessen Aussage am Tag zuvor immer wieder von Weinkrämpfen unterbrochen wurde, schilderte Lewendel das Verbrechen und seine Vorgeschichte ohne jede äußerlich erkennbare Gefühlsregung.

Er räumte unumwunden ein, dass er und Wirtz sich in den Monaten vor der Tat in ihren Phantasien auch über sadistische Folterungen von Kindern gegenseitig hochgeschaukelt hätten. Ihm sei klar gewesen, dass aus den Phantasien irgendwann Wirklichkeit werden würde, sagte Lewendel.

Im Wesentlichen bestätigte Lewendel die Darstellung seines Komplizen Wirtz. Er bestritt allerdings, dass er die treibende Kraft bei der Tötung der beiden Kinder gewesen sei. "Das war ein gemeinsamer Entschluss", sagte Lewendel.

Der elfjährige Tom war von Wirtz alleine erwürgt worden, während Lewendel die neunjährige Sonja bewachte.

Dass auch Sonja sterben solle, hätten sie erst am nächsten Tag beschlossen, als ihnen klar wurde, dass sie das Mädchen nicht längere Zeit unbemerkt in ihrer Wohnung gefangen halten konnten.

Lewendel gab zu, dass er die Tötung des Mädchens mit einer Paketschnur absichtlich in die Länge gezogen habe. "Ich wollte Rache nehmen, weil ich früher als Hausmeister von Kindern geärgert worden bin."

"Sehen Sie sich heute noch als tickende Zeitbombe", fragte der Vorsitzende Richter an dieser Stelle.

"Ja", antwortete Lewendel.

"So dass das wieder passieren könnte?"

"Ja."

"Wie war Ihr Zustand, nachdem sie Sonja getötet hatten?"

"Ich war locker drauf", sagt Lewendel ungerührt.

"Wollten wieder ein Kind in unsere Gewalt bringen"

Nach kurzer Beratung mit seinem Verteidiger gab Lewendel einen Sachverhalt preis, der bisher noch unbekannt geblieben war. Während die Suche nach Sonja noch auf Hochtouren lief, hätten er und Wirtz vereinbart, "dass wir das Gleiche noch einmal machen". Sie seien zu einem Naherholungsgebiet bei Eschweiler gefahren, ausgerüstet mit einer Plastiktüte und Paketklebeband.

"Wir wollten wieder ein Kind in unsere Gewalt bringen", sagt Lewendel. Es seien aber zu viele Menschen unterwegs gewesen, deshalb hätten sie den Plan aufgegeben.

Eine Woche nach der Tat flüchteten die beiden mit Wirtz' Kleinwagen über Holland, Belgien und Frankreich in die Schweiz. Wirtz schickte zwei Postkarten an seine Eltern: "Es ist gut, mal so richtig Urlaub zu machen. 25 Grad warm und super Umgebung."

Sie hätten Pläne geschmiedet, ein Mädchen zu entführen und eine Million zu erpressen, sagte Lewendel, aber das habe er nervlich nicht mehr geschafft. Am 17. April wurden beide auf einem Parkplatz in der Schweiz festgenommen und wenige Stunden später den deutschen Behörden übergeben.

© Von Hans Holzhaider - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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