Mord an Hatun Sürücü:Zeugin stützt die Anklage im Berliner Prozess

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Der jüngste Bruder der Ermordeten soll den Mord nach Darstellung der Zeugin jedoch nicht allein begangen haben.

Im Prozess um den Mord an einer jungen Türkin hat die Hauptbelastungszeugin am Montag die Komplottvorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen die drei Brüder der getöteten Hatun Sürücü gestützt.

Unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen belastete Melek A. vor allem den jüngsten Angeklagten, ihren Ex-Freund Ayhan, schwer. Zugleich widersprach die 18-Jährige aber der Darstellung der drei Brüder, wonach der geständige 19-Jährige den Mord allein begangen habe.

Die Staatsanwaltschaft wirft den drei Brüdern gemeinschaftlichen Mord an ihrer 23-jährigen Schwester vor, weil sie den Lebensstil der jungen Mutter nicht akzeptierten.

Die Zeugin beschrieb dem Gericht, wie ihr Ayhan detailliert den Tatablauf geschildert habe. Demnach begleitete ihn Hatun am Tatabend nach einem Treffen in ihrer Wohnung zur Bushaltestelle. Er habe eine Waffe gezogen. Auf ihre Frage, was er damit wolle, habe er geantwortet: Er wolle nur ein paar Schüsse in die Luft abgeben.

"Mach' das nicht"

Dann habe er auf Hatun gezielt und gefragt, ob sie für ihre Sünden um Vergebung gebetet habe, gab die Zeugin die Darstellung des Angeklagten wieder. "Um Gottes Willen, mach' das nicht", habe Hatun noch gefleht, dann fielen die tödlichen Schüsse.

Nach dem Mord habe Ayhan ihr anhand einer Tatortskizze in einer Zeitung den Tatablauf genau beschrieben, sagte die junge Deutschtürkin weiter aus. Dabei habe er ihr auch die Stelle gezeigt, an der Alpaslan "gewartet" habe. Nach den Schüssen auf die Schwester am 7. Februar sei der Bruder weggerannt.

Mütlü wiederum habe den jüngeren Bruder nach dessen Worten immer wieder gedrängt, dass die Tat "dann und dann passieren" solle, aber ihr Ex-Freund habe es "spontan" geschehen lassen wollen. Außerdem habe Mütlü sie zu Falschaussagen bei der Polizei verleiten wollen.

Damit widersprach die Zeugin der Darstellung der Angeklagten, wonach der geständige jüngste Bruder der allein Schuldige ist. Die Staatsanwaltschaft geht von einem geplanten Mord an Hatin Sürücü aus und hat die Brüder wegen "gemeinschaftlichen Mordes aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen" angeklagt.

Ihr zufolge hatte der älteste Bruder, der 26-jährige Mütlü, die Waffe besorgt, mit der die beiden jüngeren zur Wohnung der Schwester gezogen sein sollen. Unter einem Vorwand soll Ayhan die junge Frau aus ihrer Wohnung gelockt und auf dem Weg zu der Bushaltestelle durch drei Kopfschüsse getötet haben. Alpaslan hat demnach "Schmiere" gestanden.

Hatun Sürücü war in Deutschland aufgewachsen und nach Angaben der Staatsanwaltschaft 1998 in der Türkei zu einer Ehe mit einem Cousin gezwungen worden. Sie brachte im Mai 1999 in Berlin einen Sohn zur Welt und weigerte sich, in die Türkei zurückzukehren. Ein halbes Jahr später verließ sie die Wohnung ihrer Eltern. Sie begann eine Ausbildung als Elektrotechnikerin und weigerte sich beharrlich, wieder in die elterliche Wohnung zurückzukehren.

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