Misshandlung eines Behinderten:"Die Gewalt war ganz immens"

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Monatelang hat ein Mann einen geistig Behinderten gequält und misshandelt. Wegen versuchten Mordes er nun für acht Jahre und drei Monate ins Gefängnis.

Das Kasseler Landgericht befand ihn am Freitag der gefährlichen Körperverletzung und des versuchten Mordes an dem wehrlosen Thies F. für schuldig, den er aus Habgier bei sich aufgenommen hatte. Seine Frau muss wegen versuchten Mordes durch Unterlassen für vier Jahre in Haft.

Die Schwurgerichtskammer sah es als erwiesen an, dass der Hauptangeklagte Werner H. aus dem nordhessischen Grebenstein dem geistig behinderten 29-jährigen Thies F. im Juli 2003 ohne ersichtlichen Grund mit Fäusten und einem Holzhocker so lange auf den Kopf schlug, bis der Schemel zerbrach.

Das Opfer war nach den Misshandlungen gestorben. Dass es allerdings die Quälereien der Angeklagten waren, die zu seinem Tod führten, konnte das Gericht letztlich nicht zweifelsfrei nachweisen. In dem Prozess hatte das Paar den Mordversuch abgestritten.

Werner H. und seine Frau Manuela hätten es zudem unterlassen, Hilfe für den Schwerverletzten zu holen, obwohl sie gewusst hätten, dass er sterben würde, hieß es in dem Urteil. Dies sei als versuchter Mord durch Unterlassen zu werten. Als Thies F. Tot gewesen sei, habe das Paar ihn an einem Parkplatz an der B7 nahe Eisenach hinter einem Baum versteckt.

Aus Habgier aufgenommen

Mord sei dem Hauptangeklagten Werner H. nicht nachzuweisen, erklärte die Schwurgerichtskammer. Es sei nicht zweifelsfrei erwiesen, dass ihr geistig behindertes Opfer an den Schlägen und Verletzungen durch den Hocker gestorben sei. "Das Maß an Gewalt war aber ganz immens", erklärte der Vorsitzende Richter Volker Mütze. So hätten die Täter ihrem Opfer vor dem Transport an die Bundesstraße noch ein Ohr abgeschnitten.

Zusammen mit dem Paar saß ein 33-jähriger Freund des Ehepaares auf der Anklagebank. Er wurde der Beihilfe zum versuchten Mord für schuldig befunden. Der Freund hatte geholfen, die Leiche von Thies F. Auf den Parkplatz zu schaffen. Er erhielt eine zweijährige Haftstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.

In dem Urteil wurden nicht die zahlreichen Misshandlungen und die Freiheitsberaubung berücksichtigt, die das Ehepaar im Fall Thies F. begangen haben soll.

Dem Urteil zufolge hatte das Paar den als gutgläubig beschriebenen Behinderten von Herbst 2002 bis Juli 2003 aus Habgier bei sich aufgenommen, um an seine Sozialhilfe heranzukommen.

Noch unter Bewährung

Thies F. habe in einem Gartenhaus leben müssen und immer weniger zu essen bekommen. Zeitweise sei er gefangen gehalten und ständig geschlagen worden, hieß es in dem Urteil.

Nach seinem Angriff mit dem Schemel habe Werner H. es abgelehnt, einen Arzt zu rufen. Er habe befürchtet, dass er wegen seiner Misshandlungen Ärger mit der Polizei bekomme, erklärte das Gericht.

Außerdem habe er wegen einer anderen Tat noch unter Bewährung gestanden. Für das Gericht war eindeutig, dass die Angeklagten mit dem schwer verletzten Behinderten nicht zu einem Arzt fahren, sondern ihn irgendwo ablegen wollten.

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