Missbrauchsfälle in Ameland:Vier Jugendliche angeklagt

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Sie suchten sich die Schwächsten aus der Gruppe aus, hielten sie fest und missbrauchten sie - unter dem Gejohle der anderen: Wegen der Missbrauchsfälle in einem Ferienlager auf Ameland hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück Anklage gegen vier Jugendliche erhoben.

Es war ein Fall von sexuellem Missbrauch bei Kindern und Jugendlichen, der die Öffentlichkeit im vergangenen Sommer schockierte, vor allem deshalb, weil die Täter selbst noch minderjährig waren. Pubertäre Machtspiele waren ausgeufert und führten dazu, dass einige Jungen Opfer schwerer sexueller Übergriffe wurden.

Einige der Opfer wurden später selbst zu Tätern: In einem Ferienlager auf der niederländischen Insel Ameland sollen im Sommer vergangenen Jahres 17 Verdächtige acht Jungen sexuell missbraucht haben. Gegen vier der jugendlichen Täter erhob die Staatsanwaltschaft jetzt Anklage. (Foto: dapd)

Die Missbrauchsfälle ereigneten sich im Juli 2010 in einem Ferienlager auf der niederländischen Insel Ameland. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück Anklage gegen vier Jugendliche erhoben. Ihnen werden sexuelle Nötigung und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen, wie Oberstaatsanwalt Alexander Retemeyer sagte.

Wann das Verfahren gegen die drei 15- und einen 16-jährigen Angeklagten eröffnet wird, ist noch nicht bekannt. Die Verhandlung wird jedoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. In dem Camp des Stadtsportbunds Osnabrück sollen 17 Täter acht Opfer sexuell genötigt haben. Drei der Opfer seien später selbst zu Tätern geworden, sagte Retemeyer.

Er berichtete, die Misshandlungen seien stets tagsüber nach einem bestimmten Ritual abgelaufen. In dem Lager hätten sich Hierarchien gebildet. Eine Gruppe, die sich "Anal-Indianer von der Fist-Prärie" nannte, habe sich unter den schwächeren Jungen Opfer ausgesucht. Die seien dann von mehreren Tätern unter Gejohle festgehalten und ausgezogen worden. Die Jugendlichen klemmten ihren Opfern dann verschiedene Gegenstände zwischen die Pobacken.

Die Verhandlung soll vor der Großen Jugendkammer beim Landgericht Osnabrück stattfinden. Gegen sechs Jugendliche seien die Verfahren gegen Auflagen oder Ermahnungen eingestellt worden. Insgesamt schilderte der Oberstaatsanwalt die Ermittlungen in dem Fall als sehr schwierig. Es hätten sich immer wieder Widersprüche ergeben. "Nur in vier Fällen konnte vernünftig ermittelt werden", sagte er.

Bei den Vernehmungen sollen die Jugendlichen "zerknirscht" gewesen sein, berichtete Retemeyer. Sie hätten nicht gewusst, welche psychischen Schäden sie bei den Opfern angerichtet hätten. Von den missbrauchten Jungen hat laut Staatsanwaltschaft keiner professionelle Hilfe in Anspruch genommen.

Die Täter seien nach seiner Ansicht deshalb auch keine "Schwerverbrecher" oder "Massenvergewaltiger", so Retemeyer. Es seien "ganz normale Jugendliche", die "in der Regel aus ganz normalen Familienverhältnissen stammen". Gegen die Betreuer, die im Auftrag des Stadtsportbunds Osnabrück auf Ameland gewesen waren, wird in neun Fällen ermittelt. Die Ermittlungen seien aber noch nicht abgeschlossen, sagte Retemeyer.

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