Methanol-Vergiftung auf Klassenfahrt:Viele offene Fragen

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Verdacht gegen unbekannt: Nach dem tödlichen Trinkgelage in einem türkischen Hotel ermittelt die Staatsanwaltschaft. Inzwischen hat es zwei Festnahmen gegeben.

Die türkischen Behörden haben nach dem Tod von drei jungen Deutschen wegen Methanol-Vergiftung zwei verdächtige Mitarbeiter eines türkischen Hotels festgenommen. Drei weitere Verdächtige seien nach Vernehmungen gegen Auflagen auf freien Fuß gesetzt worden, berichtete der TV-Sender CNN-Türk am Montagabend.

Angehörige und Mitschüler gedenken der drei toten jungen Männer. (Foto: Foto: dpa)

Alle fünf Personen seien Mitarbeiter des Hotels Anatolia Beach im Küstenort Kemer, in dem die aus Lübeck stammenden Deutschen als Urlauber gewohnt hatten. Bei insgesamt 37 chemischen Proben in dem Fall seien mehrfach hohe Methanolwerte festgestellt worden.

Der Tod der drei Lübecker Schülern hinterlässt viele offene Fragen. Woher stammte der tödliche Schnaps? War es unsachgemäß schwarzgebrannter Fusel, den die Jugendlichen nach Aussagen von Klassenkameraden in ihrem Hotel im türkischen Badeort Kemer gekauft hatten, um heimlich eine Party zu feiern?

Und hat das 21-jährige Todesopfer 20 Stunden lang hilflos in seinem Hotelzimmer gelegen, bevor es entdeckt wurde, wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtet? Mit diesen Fragen beschäftigen sich jetzt die Justizbehörden in Deutschland und in der Türkei.

Der 21 Jahre alte Schüler war vor mehr als einer Woche in Kemer an einer Methanolvergiftung gestorben. Zwei 17 und 19 Jahre alte Klassenkameraden, die mit ihm und vier weiteren Jugendlichen gefeiert hatten, lagen tagelang im Koma. Am Donnerstag wurden sie auf Wunsch ihrer Familien aus der Türkei ausgeflogen und in die Lübecker Uniklinik gebracht. Dort wurde am Sonnabend ihr Hirntod festgestellt.

Die jungen Männer gehörten zu einer Gruppe des privaten Lübecker Bildungszentrums Mortzfeld, die auf Klassenreise in der Türkei waren. "Wir sind erschüttert über das, was geschehen ist", hieß es am Montag aus der Schule. An der Trauerfeier für den 21-Jährigen am Freitag hatten viele Schüler und Lehrer teilgenommen.

"Wir wissen bislang kaum etwas über den genauen Ablauf. Wir kennen bislang noch nicht einmal die genaue Todesursachen des 17- und des 19-Jährigen, deshalb haben wir ihre Obduktion angeordnet", sagte der Sprecher der Lübecker Staatsanwaltschaft, Klaus-Dieter Schultz.

Die Obduktion des 21-Jährigen am Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf hatte ergeben, dass der junge Mann zwei Promille des hochgiftigen Methanols im Blut hatte - das Zehnfache der für einen Menschen tödlichen Konzentration von 0,2 Promille. Die Lübecker Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt wegen Verdachts eines Tötungsdeliktes gegen unbekannt. "Wir müssen sehen, was wir von hier aus aufklären können", sagte Schultz. Auf alle Fälle sollen die anderen Teilnehmer der Klassenreise befragt werden.

Diese hätten sich bereits bei der türkischen Polizei geäußert, berichtete der Rechtsanwalt der Familie des 21-Jährigen, Frank-Eckard Brand. "Sie haben dort übereinstimmend ausgesagt, dass sie den Alkohol und auch die Cola für insgesamt 25 Euro an der Bar ihres Hotels gekauft haben", berichtete Brand unter Berufung auf eine türkische Anwältin, die die Schüler zu den Vernehmungen begleitet hatte. "Mich interessiert aber auch, wann genau der 21-Jährige in seinem Hotelzimmer gefunden wurde und ob er bei rechtzeitiger Hilfe zu retten gewesen wäre", sagte Brand. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hatte am Wochenende berichtet, der junge Mann habe 20 Stunden hilflos in seinem Zimmer gelegen, bevor er entdeckt wurde.

In der Türkei waren in der Vergangenheit mehrfach Fälle bekanntgeworden, in denen Menschen durch gepanschten Alkohol schwere Gesundheitsschäden erlitten hatten.

© dpa/Eva-Maria Mester/AFP/vw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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