Livestream:Mini-Kameras im Föhn versteckt

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Um die 1600 Hotelgäste in zehn südkoreanischen Provinzstädten wurden offenbar im Bade- und Hotelzimmer überwacht (Symbolbild). (Foto: Billie/Unsplash)

Zwei Südkoreaner wurden verhaftet, weil sie 1600 Menschen heimlich in deren Hotelzimmern gefilmt haben sollen. Mit den Aufnahmen sollen sie umgerechnet 5500 Euro verdient haben.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Die Polizei in Südkorea hat zwei Männer verhaftet, die in 42 Hotelzimmern versteckte Kameras installiert und so verbotene Aufnahmen von 1600 Gästen gemacht haben sollen. Von vergangenem November bis zum 2. März sollen sie 803 heimlich erbeutete Video-Sequenzen live über ihre Website gestreamt haben, für die sich 4099 Nutzer registriert hatten. 97 von ihnen zahlten je etwa 40 Euro für Sonderdienste, unter anderem die Möglichkeit, die Videos später erneut anzusehen.

Ermittelt wird auch gegen zwei Komplizen, sie bleiben aber auf freiem Fuß. Sie sollen den Tätern geholfen haben, die winzigen Kameras mit stecknadelkopfgroßen Linsen beispielsweise in der Halterung von Haarföhnen und Fernsehern anzubringen. Illegales Verbreiten von Videos wird in Südkorea mit bis zu fünf Jahren Gefängnis und bis zu 30 Millionen Won (23 000 Euro) Bußgeld geahndet. Dazu könnte eine Strafe wegen Verbreitung von Pornografie kommen. Die Täter nahmen mit ihrer Website sieben Millionen Won ein, etwa 5500 Euro. Betroffen waren Hotels in zehn südkoreanischen Provinzstädten.

Kein Einzelfall, sondern gesellschaftliches Problem

"Molka", wie man das Spionieren mit versteckter Kamera nennt, ist in Korea ein gesellschaftliches Problem. Männer installieren die Mini-Kameras mit Sender vor allem in öffentlichen Toiletten, oft nur für kurze Zeit. Vorigen Sommer erwischte die Polizei einen 13-Jährigen. Seit 2013 sind mehr als 30 000 Fälle angezeigt worden. Zur Bestrafung kam es allerdings selten. Die Polizei hat eigens eine Molka-Einheit geschaffen, die solche Kameras mit Funk- und Infrarot-Detektoren aufspüren kann.

Südkorea ist das am besten vernetzte Land der Welt mit dem schnellsten Internet, 94 Prozent der Bevölkerung haben ein Smartphone. Kritiker werfen der Industrie und der Regierung vor, sie würden die Südkoreaner als Versuchskaninchen benutzen. Sie lieferten ihnen ständig billige neue Technologien, auf welche die Gesellschaft nicht vorbereitet sei. Die Zahl junger Leute, die Games- oder Smartphone-süchtig sind, ist hier besonders groß. In den Schulen kommt es oft zu Belästigungen über die sozialen Medien.

Die Hotel-Molka wurde von Südkoreas Medien am Donnerstag nur am Rande erwähnt, die Verhaftung des Popstars Jung Joon-young beherrschte die Schlagzeilen. Der 30-jährige Sänger und Filmschauspieler hatte sich beim Sex mit zehn verschiedenen Frauen heimlich gefilmt und diese Videos dann in einem Chat-Room mit Freunden geteilt. Auch ihm droht eine Gefängnisstrafe.

© SZ vom 22.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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