Leverkusen:Keine Spur vom entführten Säugling

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Nach der Entführung eines fünf Stunden alten Säuglings aus einem Leverkusener Krankenhaus hat die Klinikleitung eine Belohnung von 5.000 Euro für Hinweise auf die unbekannte Täterin ausgesetzt.

Auch zwei Tage nach dem Kidnapping des kleinen Mädchens am Mittwochnachmittag fehlte von der etwa 40-jährigen, schwarzhaarigen Täterin mit ausländischem Akzent jede Spur, wie ein Polizeisprecher am Freitag berichtete.

So soll die Tatverdächtige nach Zeugenaussagen ausgesehen haben. (Foto: Foto: dpa)

"Trotz einiger telefonischer Hinweise fehlt uns momentan eine heiße Spur. Wir sind daher auf weitere Zeugenaussagen angewiesen." Die Polizei bat die Bevölkerung um Hinweise auf Frauen, die ohne vorherige Schwangerschaft überraschend einen Säugling bei sich haben.

Die 35-jährige Mutter lag am Freitag weiterhin im Krankenhaus in Leverkusen-Opladen und wurde dort auch psychologisch betreut.

Ähnlich wie das Personal gekleidet

Sie hatte am Mittwoch ein gesundes Mädchen zur Welt gebracht und lag nachmittags mit dem Baby auf ihrem Zimmer. Wie die Polizei am Donnerstag mitteilte, kam dann gegen 15.00 Uhr eine Frau mit südländischem Aussehen herein, die ähnlich wie Krankenhauspersonal bekleidet war.

Die Unbekannte teilte der Mutter mit, dass sie das Kind auf die Station bringe und verschwand mit dem Säugling.

Erst als gegen 16.00 Uhr eine Hebamme das kleine Mädchen zu einer Untersuchung abholen wollte, wurde das Verschwinden des Säuglings festgestellt.

Deutsch mit ausländischem Akzent

Laut der Beschreibung sprach die Täterin Deutsch mit ausländischem Akzent und trug eine weiße Stoffhose, weiße Schuhe und einen dünnen weißen Pullover sowie ein weißes Kopftuch, das unter dem Kinn gekreuzt und im Nacken zugebunden war.

Der weibliche Säugling ist 54 Zentimeter groß und wiegt 4.200 Gramm. Das Mädchen war mit einem weißen Strampler mit einem roten Rückenaufdruck "VOSS", einem hellen Body und einem weißen Jäckchen bekleidet.

Die Leverkusener Polizei sucht Zeugen, die verdächtige Beobachtungen gemacht haben. Zudem stellte sie ein Phantombild der Frau ins Internet.

Unterdessen sagte der hannoversche Kriminologe Christian Pfeiffer, dass die Entführung von Säuglingen aus dem Krankenhaus fast immer aufgeklärt wird.

Fragen des Umfelds

"In aller Regel fliegt so etwas nach kurzer Zeit auf, weil etwa das Umfeld der Täterin beginnt, Fragen zu stellen", sagte der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) am Freitag.

Täterinnen seien häufig psychisch angeschlagene, kinderlose Frauen, die sich so den Kinderwunsch erfüllen wollten.

"Das vermeintliche Glück ist jedoch meist von kurzer Dauer", sagte Pfeiffer. "Die Aufklärungsquote in diesen Fällen ist sehr, sehr hoch. Mir ist überhaupt kein solcher Fall bekannt, in dem ein Säugling länger entführt werden konnte."

Die Täterinnen stammten oft aus dem näheren Umfeld der Klinik und betrieben teils einen beträchtlichen Aufwand, um an das "Wunschkind" zu kommen: "Manche erkunden lange Zeit das Krankenhaus und besorgen sich vielleicht sogar eine echte Schwesterntracht." So etwas sei nicht immer durch die Sicherheitsvorkehrungen der Klinik zu verhindern.

Handlung aus Hass

Mit ganz anderen Motiven könnten Täter auch aus dem unmittelbaren Umfeld der Mutter stammen. "Da will dann häufig jemand die Mutter unter Druck setzen, gönnt ihr das Kind nicht oder handelt ganz allgemein aus Hass", sagte Pfeiffer. "Außerdem kommt es selten vor, dass Kinder im Auftrag vermeintlicher Adoptiveltern geklaut werden."

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